Spaniens Abtreibungsärzte gingen in Streik

Wegen „behördlicher Schikanen“ und „systematischer Verfolgung“

Vor einigen Monaten sorgte die Schock-Nachricht über private Abtreibungskliniken in Barcelona und Madrid, die Schwangerschaftsabbrüche sogar noch im siebten Monat vorgenommen haben sollen, selbst über Spaniens Grenzen hinaus für Entrüstung und Entsetzen.

Madrid – Doch die Kettenreaktion, die sich daraufhin in Spanien entwickelte, war damals wohl noch für niemanden abzusehen. Nachdem nämlich immer mehr dieser privaten gynäkologischen Einrichtungen in den Verdacht gerieten, das unpräzise spanische Abtreibungsgesetz gar zu gewinnbringend für sich auszulegen. Ärzte wurden vom Staatsanwalt vernommen und Inspektionen vorgenommen, ja sogar Frauen, die ein derart traumatisches Erlebnis hinter sich hatten, mussten aussagen.

Da nutzten konservative Abtreibungsgegner unterstützt von der katholischen Kirche die Gunst der Stunde und ließen keine Gelegenheit aus, öffentlich gegen die seit 1985 in Spanien legalisierten Schwangerschaftsabbrüche zu wettern.

All das führte schließlich dazu, dass ein Großteil von Spaniens privaten Abtreibungskliniken und –praxen in der zweiten Januarwoche fünf Tage lang streikten. Offiziell hieß es hierzu, die fortwährenden „behördlichen Schikanen“, „Angriffe“, ja regelrecht „sys­tematische Verfolgung“, der sie sich seit einigen Monaten ausgesetzt sahen, habe ihnen keinen Ausweg mehr gelassen. Vor dem Streik hatten die betroffenen Zentren die regionalen Gesundheitsressorts, Gesundheitsminister Bernat Soria sowie dem Generalstaatsanwalt und den Volksverteidiger zu einem Treffen aufgefordert, um die derzeitige Situation zu analysieren und nach Lösungen zu suchen. Allerdings ohne Erfolg. Ein Treffen fand bislang nicht statt. „Wir wollen, dass den Frauen ihr Recht auf Abtreibung garantiert und die Sicherheit des durchführenden Personals gewährleistet bleiben, aber bislang haben wir keine Antwort erhalten“, hieß es diesbezüglich wörtlich.

In Spanien werden 98% der Schwangerschaftsabbrüche, die im vergangenen Jahr weit über 100.000 lagen, in privaten, jedoch staatlich dafür autorisierten Kliniken und Praxen vorgenommen. In vielen autonomen Regionen wurden mit diesen Kliniken Vereinbarungen getroffen, so dass die staatliche Sozialversicherung für die Abtreibungen aufkommt. Der fünftägige Streik hatte zur Folge, dass über 2.000 Frauen, die in dieser Woche einen Termin für einen Eingriff hatten, in arge Bedrängnis kamen.

„Wir werden nicht zulassen, dass gegen das Recht der Frauen auf Abtreibung verstoßen wird“, erklärte Vizeregierungs­chefin María Teresa Fernández de la Vega nach der Streikwoche. In einem Interview mit dem Radiosender SER verurteilte sie die „Einschüchterungskampagne“, der viele Frauen, die einen Abbruch bei sich vornehmen ließen, ausgesetzt waren. Sie bezog sich dabei auf die etwa 20 Frauen, die Anfang dieses Jahres vor einen Madrider Richter zitiert wurden, nachdem sie in einer privaten Klinik abgetrieben hatten. Das sei ein weiteres Kapitel in der „Hexenjagd“, der die betroffenen Einrichtungen seit einiger Zeit ausgesetzt seien, monierte sie weiter. Sie stellte jedoch auch fest, dass die Regierung vorerst nicht vorhabe das Abtreibungsgesetz von 1985 zu reformieren.

Das spanische Abtreibungsgesetz

In Spanien ist Abtreibung eine Straftat. Davon ausgenommen sind jedoch drei Indikationen: Vergewaltigung (bis zur 12. Woche), Verdacht auf Missbildung des Fötus (bis zur 22. Woche) und bei ernster Gefahr für das Leben bzw. die physische und psychische Gesundheit der Frau (ohne Frist). Vor allem letztere Indikation erregt ob der Möglichkeit allzu ausgedehnter Auslegung des Gesetzes die Kritik und führt dazu, dass immer wieder gefordert wird, das spanische Abtreibungsgesetz nach dem Beispiel von Deutschland, Frankreich, Holland und Belgien zu reformieren und eine sogenannte Fristenregelung einzuführen.