Die konservative PP versucht Flucht nach vorn und geht zum Angriff über
Während die oppositionelle Volkspartei (PP) noch gänzlich damit beschäftigt war, im Hinblick auf die von der Tageszeitung El País offengelegte Spionageaffäre in der Madrider Regionalregierung Schadensbegrenzung zu betreiben, wurde ein weiterer Skandal bekannt, in den hohe PP-Führungskräfte verwickelt sind.
Madrid – Diesmal geht es allerdings nicht um parteiinterne Spionagefälle, sondern um Korruption und zwar in richtig großem Stil.
Am 6. Februar ließ der ermittelnde Untersuchungsrichter Baltasar Garzón im Rahmen einer Operation, die kurioserweise einen deutschen Namen erhielt, nämlich „Operación Gürtel“, die ersten Verdächtigen verhaften. Es handelt sich um renommierte und äußerst betuchte Geschäftsleute sowie Spitzenpolitiker der konservativen Volkspartei, die in den letzten Jahren dank zahlreicher korrupter Deals tüchtig in die eigene Tasche gewirtschaftet haben sollen. Ab dem Zeitpunkt folgten fast täglich weitere Verhaftungen, und wieder waren führende PP-Politiker als Mitverdächtige involviert. Ein Großteil davon stammte aus der Region Madrid, aber auch andere Regionen wie Valencia und Murcia sind betroffen. Insgesamt wird inzwischen gegen weit über 30 Unternehmer und PP-Poliker ermittelt.
Drahtzieher in dem weitgespannten Korruptionsnetz, bei dem es unter anderem um Veruntreuung öffentlicher Gelder, Bestechung und Geldwäsche geht, scheint der Unternehmer Francisco Correa (zu deutsch „Gürtel“) zu sein. Jahrelang soll er für die PP Meetings aller Art organisiert und dabei kräftig in die eigene Tasche bzw. die der politischen Entscheidungsträger gewirtschaftet haben. Zahlreiche abgehörte Telefongespräche zeugen unter anderem davon, dass der Geschäftsmann, der zum engen Freundeskreis von Ex-Ministerpräsident José María Aznar gehört, viele führende PP-Politiker in der Hand hatte.
Angesichts der erschlagenden Beweislage entschied sich PP-Chef Mariano Rajoy nach mehreren Tagen des Schweigens zur Flucht nach vorn. Dabei bediente er sich einer Nachricht, die die den Konservativen zugeneigte Tageszeitung El Mundo veröffentlicht hatte.
Es handle sich bei der ganzen Angelegenheit nicht um ein Komplott der PP, sondern um ein Komplott gegen die PP, erklärte Rajoy. Als Beweis dafür bezog er sich auf die Nachricht, derzufolge der Justizminister Tage zuvor mit dem leitenden Untersuchungsrichter auf die Jagd gegangen sei. Regierung und Justiz stünden unter einer Decke, folgerten die Konservativen und kündigten jeglichen Kontakt mit dem Justizministerium auf, solange Mariano Fernández Bermejo Ressortleiter ist.
Dass es sich bei dieser Jagd nicht um ein verschwörerisches Privattreffen gehandelt hatte, sondern um eine ver-gnügliche Versammlung von über 30 Personen, zu der ein lokaler PP-Politiker schon häufiger geladen hatte, darüber schwieg man sich lieber aus. Auch die Tatsache, dass die Korruptionsfälle nicht etwa von den regierenden Sozialisten, sondern von eigenen Parteimitgliedern angezeigt wurden, wird lieber unter den Teppich gekehrt.