Die Problematik minderjähriger Flüchtlinge

Dokumentationen, die abschrecken sollen, animieren scheinbar Kinder zur Reise im Flüchtlingsboot

Nur wenige Tage nach der schockierenden Nachricht, dass 56 Afrikaner auf dem Atlantik verdurstet sind und in dem ursprünglich vollbesetzten Flüchtlingsboot nur ein einziger Überlebender gefunden wurde, teilte Gambia den Tod von mindestens 20 weiteren Bootsflüchtlingen mit, deren Cayuco auf der Route zu den Kanarischen Inseln wäh­rend eines Sturms kenterte.

Fast täglich trafen in den vergangenen zwei Wochen neue Immigrantenboote mit zum Teil Hunderten Insassen auf den Inseln ein, zum ersten Mal auch ein Boot mit ausschließlich Minderjährigen.

Wie die Zeitung El Día von internationalen Beobachtern in Afrika wissen will, sollen die beiden Dokumentarfilme, die in Afrika zur Bekämpfung der illegalen Immigration eingesetzt werden, Kinder zur Reise in einem Flüchtlingsboot animieren. Wie El Día moniert, würde in den Filmen unter anderem gezeigt, wie Minderjährige nach ihrer Ankunft auf dem Archipel behandelt werden sowie die Unterbringungsmöglichkeiten in den Immigrantenjugendheimen, die im Gegensatz zu den einfachen Behausungen in Afrika luxuriös erscheinen. Zwar würde in den Dokumentationen auch gezeigt wie frustriert die jungen Menschen sind, nachdem sie erfahren, dass ihnen nicht erlaubt wird zu arbeiten, um ihrer Familie das ersehnte Geld zu schicken, was vielleicht wiederum viele von der Idee einer Reise abbringt.

Im Laufe dieses Jahres erreichten bereits über 450 minderjährige illegale Immigranten aus Afrika die Kanarischen Inseln. Dies hat die Eröffnung eines weiteren, des mittlerweile sechsten, Immigrantenjugendheims auf den Inseln notwendig gemacht. In das neue Zentrum in Icod de los Vinos wurden vorerst 30 Kinder im Alter zwischen neun und vierzehn Jahren verlegt. Knapp 1000 Minderjährige Flüchtlinge sind derzeit in den verschiedenen Heimen untergebracht und erhalten auf den Inseln Schulbildung.

Die PP-Abgeordnete María Australia Navarro warnte in einer Parlamentssitzung vor einer Zuspitzung der Lage, die „zu explodieren drohe“. Der Staat müsse endlich mehr Mittel für die Betreuung der Minderjährigen zur Verfügung stellen, sich stärker für diese spezielle Gruppe von Flüchtlingen engagieren sowie auf neue Lösungen für die Rückführung der Kinder in ihre Heimatländer hinarbeiten.

Die meisten Heime für minderjährige Immigranten, die ohne Erwachsenenbegleitung auf dem Archipel eintreffen, werden von den Inselcabildos unterhalten. Sie kommen für die Unterbringung, Betreuung, Schul- und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen bis zur Volljährigkeit auf. In ihre Heimatländer ausgewiesen werden bislang nur Minderjährige, die nachweislich dort wieder in ihre Familie eingegliedert werden können. 

Regierung in Madrid will doch helfen

Während der kanarische Regierungspräsident Paulino Rivero im Rahmen einer Konferenz in Barcelona erneut betonte, dass sich die Kanarischen Inseln in Sachen Immigration „von der sozialistischen Regierung verlassen fühlen“, sagte ein Regierungssprecher Zapateros mehr Unterstützung zu, um das Problem der minderjährigen Immigranten in den Griff zu bekommen. Diego López Garrido versicherte, die Regierung werde sich dafür einsetzen, dass die Immigrantenjugendheime auf den Inseln nicht weiter überbelegt bleiben. Mit Stand vom 15. November zählte das kanarische Amt für sozialen Wohlstand in den verschiedenen Heimen insgesamt 986 Minderjährige – ärztliche Untersuchungen von ca. 50 weiteren Jugendlichen könnten ergeben, dass auch sie unter unter 18 Jahre sind.