Anti-Alkoholgesetz vorerst auf Eis gelegt

Die Gesundheit der Jugendlichen soll nicht zum „Spielball“ wahlbedingter Mauscheleien werden

Nach der in den letzten Wochen um das Anti-Alkoholgesetz entstandenen Polemik hat Gesundheitsministerin Elena Salgado am 20. Februar überraschend einen Rückzieher gemacht und den umstrittenen Gesetzentwurf „auf unbestimmte Zeit“ auf Eis gelegt. Die Gesundheit der Jugendlichen dürfe nicht zum „Spielball“ wahlbedingter Mauscheleien werden, begründete Salgado unter anderem ihre unerwartete Entscheidung.

Madrid – Tatsächlich hatte nicht zuletzt die konservative Opposition (PP) im Hinblick auf die im Mai anstehenden Regional- und Kommunalwahlen den Kampf gegen den viel diskutierten Plan des Gesundheitsministeriums zu einem ihrer Themen erkoren. Das führte schließlich dazu, dass nicht mehr über den eigentlichen Hintergrund des Gesetzentwurfes diskutiert wurde, nämlich den Jugendlichen den Zugang zu alkoholischen Getränken zu erschweren. Vielmehr schien es dabei nur noch um ein weiteres „unsinniges“ Verbot der sozialistischen Regierung zu gehen, das nicht zuletzt eine „ernstzunehmende Gefahr“ für die spanische Weinindustrie darstelle, so lautete jedenfalls unter anderem die Kritik der Konservativen.

Demnach hatte PP-Chef Mariano Rajoy noch am Tag bevor die Gesundheitsministerin den Gesetzentwurf „vorerst“ aus dem Verkehr zog, gewettert, das Vorhaben der sozialistischen Regierung sei ein „kolossaler Unsinn“ und stelle einen „ungerechtfertigten Angriff auf die zahlreichen Bürger dar, die „auf gemäßigte Art und Weise an den Wochenenden Alkohol zu sich nehmen“. Gänzlich unerwähnt blieb dabei die Tatsache, dass sich das Gesetz nicht etwa gegen den Alkoholkonsum erwachsener Bürger richtete, sondern einzig und allein zum Ziel hatte, die erschreckend vielen Minderjährigen zu schützen, die den Konsum alkoholischer Getränke insbesondere an den Wochenenden zu ihrer „Lieblingsbeschäftigung“ erkoren haben.

Rajoy schien dabei ebenfalls vergessen zu haben, dass er selbst vor wenigen Jahren als Innenminister versucht hatte, ein ähnliches Gesetz durchzusetzen, das sich allerdings im Gegensatz zu dem jetzigen Entwurf nicht auf den Schutz der Gesundheit der Minderjährigen konzentrierte, sondern den Alkoholkonsum auf „öffentlichem Boden“ einschränken wollte.

Salgado gab im Rahmen der Bekanntgabe des Rückzugs des Anti-Alkoholgesetzes zu, eine „gewisse Frustration“ zu verspüren. Die jüngst veröffentlichten Daten der Nationalen Gesundheitsuntersuchung sprechen nämlich eine klare Sprache. Demnach konsumieren 65,6% der Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren „regelmäßig am Wochenende Alkohol“ und etwas über einem Drittel, also etwa 700.000 Jugendliche, „betrinken sich mindestens einmal im Monat“, viele davon sogar öfters. Das Einstiegsalter ist inzwischen auf 13,7 Jahre gesunken. Kurz zuvor hatten wissenschaftliche Untersuchungen außerdem die schweren Gesundheitsschäden hervorgehoben, die so früher Alkoholkonsum bei Jugendlichen zur Folge hat. Kein Wunder also, dass der Gesetzentwurf von wissenschaftlichen Gesellschaften, Elternverbänden und Verbrauchervereinigungen begrüßt worden war.

Wann und ob überhaupt die sozialistische Regierung vor den Parlamentswahlen im kommenden Jahr den Gesetzentwurf noch einmal in Angriff nimmt, ist bislang unklar.