„Zwanzig Jahre illegale Finanzierung der Partei“
Pedro J. Ramírez, der Direktor der Zeitung El Mundo, hatte Gelegenheit, sich vier Stunden lang mit dem ehemaligen Schatzmeister der Partido Popular, Luis Bárcenas, zu unterhalten, bevor dieser in Untersuchungshaft genommen wurde.
Madrid – Er händigte dem Journalisten die Originale der Aufzeichnungen der sogenannten Buchhaltung B der PP aus, die Anfang des Jahres der Zeitung El País als Fotokopien zugespielt wurden und deren Veröffentlichung einen Skandal ausgelöst hatte (das Wochenblatt berichtete). Allerdings hatte Bárcenas deren Authentizität bislang bestritten, obwohl Grafologen ihn als Autoren identifiziert hatten. Die Original-Unterlagen wurden inzwischen der Justiz übergeben.
„Luis Bárcenas hat mir erklärt, dass sich die Partido Popular zumindest in den vergangenen zwanzig Jahren illegal finanziert hat“, berichtet P.J. Ramírez in einem ausführlichen Bericht über die Unterhaltung. Sie hätten Bargeld-Spenden von Bauunternehmen und anderen Geschäftsleuten erhalten, die dafür Bauaufträge von der Regierung erhielten oder von PP-regierten Regionalverwaltungen. Der Modus Operandi war bereits vor einigen Wochen in El Mundo von einem der „Spender“ beschrieben worden.
Das Geld wurde in Beuteln, Koffern oder Aktenkoffern im Büro des Vorgängers von Bárcenas, Álvaro Lapuerta, in der Parteizentrale Calle Génova in Madrid in Gegenwart von Bárcenas, der damals Geschäftsführer war, übergeben. Die beiden Männer zählten die Scheine und legten sie in den Geldschrank. „Wir haben Witze darüber gemacht, ob wohl der eine dem anderen traue“, erzählte Bárcenas dem Journalisten. Wenn der Spender dann gegangen war, zog Lapuerta eine Visitenkarte hervor, schrieb in feinen Lettern den Namen des Spenders und den Betrag auf und Bárcenas trug die Daten in ein Buch ein. Ein Teil des Geldes wurde auf das Konto der Partei eingezahlt, mit einem weiteren Teil wurden „schwarz“ die erhöhten Kosten der Wahlkampagnen finanziert, damit der Rechnungshof nicht aufmerksam würde, und der Rest blieb im Safe, um für andere Zwecke verwendet zu werden. Vor allem, so hatte Bárcenas erklärt, habe man quartalsweise Extra-Gehälter in bar an den Präsidenten der Partei, den Generalsekretär und die Vizesekretäre gezahlt, die in verschlossenen Briefumschlägen ausgehändigt wurden.
In dem Bericht von El Mundo werden Gespräche zwischen Bárcenas und Präsident Mariano Rajoy sowie der Generalsekretärin María Dolores de Cospedal kommentiert, in denen der Präsident ihm versprochen haben soll, ihn nicht alleine zu lassen. Und er habe auch eine Drohung ausgesprochen: Das, was bislang an die Öffentlichkeit gelangte, sei nur ein kleiner Teil der Dokumente, die sich in seinem Besitz befänden. Wesentlich wichtiger seien nach seiner Ansicht andere Dokumente und Festplatten, mit denen eindeutig die systematische illegale Finanzierung der Wahlkampagnen der Partei nachgewiesen werden könnten.