Provinzposse
Eine blaue Linie zieht sich neuerdings quer durch das Gewerbegebiet zwischen Arafo und Güímar. Ein Streit um die Instandhaltung des zu drei verschiedenen Gemeinden gehörenden Bezirks veranlasste die Bügermeisterin Güímars zu dieser Abgrenzungsmaßnahme. Sie sorgte für große Erheiterung, machte aber auch die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam.
Uneinigkeit zwischen den Gemeinden Güímar, Arafo und Candelaria über die Zuständigkeiten in einem gemeinsamen Industriegebiet gipfelte in einer unkonventionellen Maßnahme der Bürgermeisterin von Güímar, die bei den Einwohnern für Erstaunen sorgte und sowohl eine Welle von Spott als auch verständnisvolle Reaktionen auslöste.
Bürgermeisterin Carmen Luisa Castro hat eine blaue Linie mitten durch das Industriegebiet ziehen lassen, welche die Grenze zwischen dem Gemeindegebiet ihrer Zuständigkeit und Arafo markiert. Der Grund dafür sind seit Jahren währende Auseinandersetzungen über die Reinigung und Instandhaltung des zwischen beiden Ortschaften gelegenen Industriegebietes.
Während Güímar offenbar seinen Verpflichtungen in dieser Hinsicht nachkommt, bleiben die Gemeinden Arafo und Candelaria bisher untätig, was zu einer Verwahrlosung des Straßenbildes geführt hat.
In den sozialen Netzwerken löste der plakative Schritt der entnervten Bürgermeisterin eine große Anzahl humorvoller Kommentare aus.
Auf Facebook erschienen zahlreiche „Selfies”. Ein Witzbold legte sich auf die Linie und kommentierte: „Ich sonne mich zwischen Arafo und Güímar, zurzeit herrscht in beiden Ortschaften gutes Wetter.“ Ein weiteres Bild zeigt eine Satellitenaufnahme Teneriffas mit einem blauen Strich im Nordosten und der Erläuterung: „Die blaue Linie, die Güímar und Arafo trennt, aus dem All gesehen.” Auch ein Bild des Schauspielers Mel Gibson mit blauer Kriegsbemalung im Gesicht, das aus dem Film „Braveheart” stammt, sorgt im Netz für Heiterkeit: „Gesucht wird ein Landstreicher, der auf der Grenze im Industriegebiet Güímar geschlafen hat, dies ist das letzte bekannte Foto.“ Und sogar Darth Vader und seine Mannen aus dem legendären Kino-Epos „Krieg der Sterne“ wurden bemüht, als Verstärkung in den Kampf der Gemeindeverwaltungen einzugreifen.
Die Tageszeitung „La Opinion“ hat die blaue Linie in Anspielung auf die Berliner Mauer scherzhaft „Checkpoint Charlie“ getauft: die Frucht eines „Kalten Krieges“ zwischen Arafo und Güímar.
Der Bürgermeister von Arafo, José Juan Lemes, hingegen ist keineswegs bereit, die farbenfrohe Abgrenzung seiner Amtskollegin mit Humor zu nehmen.
Er forderte Carmen Luisa Castro auf, die Markierungen, die auf dem Gebiet von Arafo aufgebracht wurden, schnellstens zu entfernen. Sie seien „unzulässig“, würden „Verwirrung im Straßenverkehr“ verursachen und könnten zu Unfällen führen. Auch der Sprecher der sozialistischen Opposition im Stadtrat von Güímar, Airam Puerta (PSOE), giftete: „Die Unverschämtheit unserer Repräsentanten (…) hat zu einer weiteren illegalen Aktion geführt, die mutmaßlich eine strafbare Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt.“
Schon wenige Tage später äußerte sich die Straßenverkehrsbehörde (Dirección General de Tráfico) zu dem Vorwurf und stellte klar, die blaue Linie stelle keinen Verstoß gegen das Gesetz zur Verkehrssicherheit (Ley de Seguridad Vial) dar. Bürgermeisterin Castro kündigte an, die Linie werde so lange bleiben, bis die Gemeinden Arafo und Candelaria ihren Teil zur Unterhaltung des Industriegebietes beitrügen. Sie betont darüber hinaus, Güímar sei die einzige Gemeinde, die das Geld, welches alle drei für die Abschlussarbeiten am Industriegebiet erhalten hätten, auch dort investiert habe und auch die einzige, die dort Reinigung und Instandhaltung durchführe.
Ursprünglich habe es bezüglich des Industriegebietes eine Vereinbarung gegeben, aufgrund derer jede der drei Gemeinden, Güímar, Candelaria und Arafo, eine Million Euro, eine Halle, ein Grundstück und Rechte am Chiguengue-Brunnen erhielt. Die Erträge daraus sollten dann in die Unterhaltung des Industriegebietes fließen. Doch die Ayuntamientos von Arafo und Candelaria verabschiedeten später Statuten für eine Verwaltungskörperschaft, in welchen die gesamten Instandhaltungskosten den vor Ort ansässigen Unternehmen aufgebürdet wurden. Nur Güímar hält an den ursprünglichen Vereinbarungen fest.
Um von diesem Sachverhalt abzulenken, stänkerte Bürgermeister Lemes weiter. Seine Gemeinderegierung setze auf das Kreisgebiet, damit sich das gesamte Güímar-Tal gut entwickle, das sei die beste Art, eine gedeihliche Zukunft zu schaffen. Castros Aufteilungen seien unangebracht.
Einige der im Industriegebiet etablierten Unternehmer haben Verständnis für die Initiative der Alcaldesa von Güímar. Sie sind es leid, dass das Gebiet verwahrlost, es keine Straßennamen gibt und sie zusätzlich zu ihren Steuern selbst für Dienste aufkommen müssen, die eigentlich öffentliche Aufgaben sind. Sie wollen nun den Klageweg beschreiten.
Während etliche Anlieger der Ansicht sind, durch die Grenzlinie solle nur gezeigt werden, wer sein Gebiet sauber halte und wer nicht, sind andere froh über die Orientierungshilfe. Bisher gab es immer Verwirrung um die lokalen Feiertage, denn die Betriebe hatten Schwierigkeiten, herauszufinden, wohin sie gehören. Doch ob sie nun für oder gegen die Grenzlinie sind, alle Betroffenen hoffen auf ein baldiges Ende des schädlichen Konflikts zwischen drei benachbarten Städten.