Anwälte legen bei der EU-Kommission Beschwerde gegen überzogene Sanktionen ein
Eine unverhältnismäßige Versäumnisstrafe des Finanzamtes gegen einen Rentner aus Granada, der aus Unkenntnis versäumt hatte, die Steuererklärung zu seinem Auslandsvermögen vorzulegen, hat die Zunft der Steuerberater in Aufruhr versetzt. Einige von ihnen haben in Brüssel Beschwerde gegen die Sanktionsregelung des „Modelo 720“ eingelegt, welches dazu verpflichtet, die Steuerbehörde über Eigentum, Girokonten und andere Werte im Ausland zu informieren.
Der Rentner aus Granada ist einer der Ersten, die wegen des Versäumnisses bezüglich der Erklärung zum Auslandsvermögen vom Fiskus abgestraft werden. Es handelt sich um einen zurückgekehrten Emigranten, der im Verlauf seines Arbeitslebens 340.255 Euro gespart und diese in zwei Fonds der Schweizer USB-Bank investiert hatte. Nun hat das Finanzamt wegen verspäteter Anmeldung dieses Vermögens eine Sanktion verhängt, welche Dreiviertel des Gesamtvermögens ausmacht: 253.950,98 Euro. Darüber hinaus soll er noch 16.016 Euro Verzugszinsen und weitere 169.300 Euro an Steuern nachzahlen. Insgesamt 439.267 Euro, ein Betrag der weit über das vorhandene Vermögen hinausgeht und ein Vielfaches der möglichen Steuerschuld beträgt. Der Anwalt des Betroffenen, Javier Salinas Ullastres, andere Steueranwälte, wie Alejandro Campo von der Kanzlei DMS Consulting, Mallorca, und Esaú Alarcón vom Spanischen Steuerberaterverband Aedaf weisen auf die Unverhältnismäßigkeit dieser neuen Steuerverpflichtung hin und klagen in Brüssel gegen diesen Übergriff.
Die Finanzbehörde erkennt für Versäumnisse der Erklärung von Auslandsvermögen auch nicht die übliche Verjährung nach vier Jahren an, und dies ist einer der Punkte, welcher die heftigste Ablehnung hervorruft. Das entsprechende Gesetz wurde 2012 inmitten der Polemik um die Steueramnestie verabschiedet und verpflichtet die Steuerzahler, Eigentum, Bankkonten, Investitionen und Werte im Ausland mittels des Formulars 720 jeweils vor dem 30. März eines jeden Jahres dem Finanzamt anzugeben. Widrigenfalls sind Bußgelder von bis zu 150% vorgesehen. Und es wird unabhängig von den Tatsachen davon ausgegangen, dass die Vermögenswerte aus dem letzten nicht verjährten Zeitraum stammen, wodurch noch zusätzlich nachversteuert werden muss.
Der Rentner aus Andalusien hatte seine Steuererklärung ein Jahr zu spät abgegeben. Laut seinem Anwalt hatte er bis dahin keine Kenntnis von dieser neuen steuerlichen Verpflichtung gehabt.
Hiervon seien noch wesentlich mehr Bürger betroffen, warnt Anwalt Javier Salinas, schätzungsweise gebe es 30.000 Steuerzahler mit Auslandsvermögen. Er ist der erste Anwalt, der sich in dieser Sache an das Büro für Steuerangelegenheiten der EU-Kommission wendet, um über diesen „Steuer-Suizid“, wie er es nennt, zu informieren. Seine Beschwerde konzentriert sich auf die Unverhältnismäßigkeit der Sanktion, bis zu 150% für eine freiwillig abgegebene Steuererklärung, und weil die übliche Verjährungsfrist keine Anwendung findet. „Wir wollen nicht die Betrüger verteidigen“, sagt Salinas, „aber die Anständigen sollen auch nicht für die Sünder mitbezahlen müssen.“