„Morgen muss ich zu dieser bescheuerten Parade“
Mariano Rajoy, Chef der konservativen Opposition (PP), ist Opfer eines Umstandes geworden, den er selbst in der Vergangenheit gerne gegen andere gerichtet hat. Am 11. Oktober, einen Tag vor dem Nationalfeiertag, hatte er vor dem Beginn einer Parteiveranstaltung eine abwertende Bemerkung über die traditionelle Militärparade gemacht.
Madrid – Eigentlich war sein Satz „Morgen muss ich zu dieser bescheuerten Parade, wahrlich ein spannender Plan“ nur für die Ohren seines Parteikollegen und engen Vertrauten Javier Arenas bestimmt, doch ganz Spanien hörte mit. Rajoy hatte nämlich nicht bemerkt, dass die Mikrofone vor ihm bereits eingeschaltet waren.
Wenige Stunde später gab die PP eine offizielle Mitteilung ihres Chefs heraus, in der er, jetzt wieder ganz der konservative, spanientreue Patriot, unter anderem proklamierte: „Ich will meine allseits bekannte Einstellung größten Respekts, Zuneigung und Unterstützung unseren Streitkräften gegenüber erneut unterstreichen. Auch nutze ich die Gelegenheit, ein weiteres Mal alle Spanier dazu aufzurufen, mit Enthusiasmus das Fest zu begehen, dass an unser Zusammenleben erinnert.“
Doch alle feierlichen Worte kamen zu spät, die Medien hatten den peinlichen Satz bereits ausgestrahlt und den Spaniern war nun die wirkliche Meinung des PP-Chefs über die wahrlich recht lange Militärparade bekannt. Erstaunlicherweise stürzten sich insbesondere die konservativen Medien auf den Oppositionsführer, mit dem sie, ob seines verbalen Ausrutschers, hart ins Gericht gingen.
An sich wäre nichts gegen seine Meinung einzuwenden, würde der PP-Chef nicht seit Jahren mit dem Image eines extrem konservativen, Spanien und den alten Werten treuen Patriots kokettieren und es immer wieder gegen die sozialdemokratische Regierung ausspielen. Im vergangenen Jahr – mitten im Wahlkampf – war er sogar soweit gegangen, im Vorfeld zum Nationalfeiertag eine Videobotschaft an die Bürger zu richten, in der er sie feierlich dazu aufforderte, mit „Stolz“ an dem Fest teilzunehmen, auch wenn ihnen, angesichts der politischen Geschehnisse – womit natürlich die progressiven Entscheidungen der Regierung gemeint waren – die Lust dazu vergangen sei.
Seit Jahren schon wurde bei der Militärparade immer wieder Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero von Familienangehörigen der Soldaten ausgepfiffen. Zu sehr widerspricht seine moderne, nach vorne gerichtete Politik den Werten, die das immer noch von der Franco-Diktatur geprägte rechte Lager Spaniens mehr oder weniger offen vertritt. Diesmal lief jedoch Rajoy Gefahr, Mittelpunkt der Buh-Rufe zu werden. Dementsprechend ernst, ja fast schon niedergeschlagen wohnte der Konservative im Beisein seiner Frau auf der Ehrentribüne dem Defilee bei. Letztendlich ging es für den PP-Chef glimpflich aus, doch gänzlich straflos wird er wohl nicht davonkommen.
Am 12. Oktober erinnert Spanien an die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492. 4.600 Soldaten aller Waffengattungen und etwa 250 Militärfahrzeuge beteiligten sich in diesem Jahr an der Parade im Zentrum Madrids. Die ebenfalls geplante Vorführung von Fallschirmspringern musste wegen schlechten Wetters abgesagt werden.