Die Zahl der örtlichen Fiestas mit Stieren hat sich um 2.000 erhöht
Trotz heftigster Proteste der Tierschützer aus dem In- und Ausland und 120.000 Unterschriften, welche die Tierschutzpartei PACMA zusammengetragen und bei der Direktion der Sozialistischen Partei in Madrid überreicht hatte, ist es nicht gelungen, eines der grausamsten Spektakel, das Stiertreiben „Toro de la Vega“, zu verhindern.
Der sozialistische Bürgermeister der Gemeinde Tordesillas bei Valladolid war nicht dazu zu bewegen, diese schreckliche Tierquälerei, die er als „historischen Brauch, der auf das Mittelalter zurückgeht“, verteidigte, abzusagen.
Tausende Schaulustige, eine ganze Galerie von Fernsehkameras und Reporter waren auch in diesem Jahr wieder angereist, um zu beobachten, wie „Rompesuelas“, ein sechs Jahre alter, mehr als 640 Kilo schwerer, schwarzer Stier von mit langen Lanzen bewaffneten Männern auf Pferden und zu Fuß gehetzt und schließlich auf grausame Art getötet wurde. Übrigens hatte die Gemeinde für das Tier 6.000 Euro an den Züchter gezahlt.
Die Berichte über das kontroverse Schauspiel haben die Diskussion über grausame Festlichkeiten, bei denen Stiere gequält werden und deren Zahl von Jahr zu Jahr zunimmt, wieder aufleben lassen.
Aber nicht die traditionellen Stierkämpfe, sondern besonders die auf vielen Dorffesten beliebten Stierläufe, machen auch in diesem Sommer wieder Schlagzeilen.
Nach Angaben des spanischen Kulturministeriums fanden in den Sommermonaten des vergangenen Jahres 15.848 Stierläufe in ganz Spanien statt. Einige davon, wie der eingangs beschriebene „Toro de la Vega“, haben wegen ihrer Grausamkeit weltweit eine traurige Berühmtheit erlangt.
Dabei handelt es sich um eine gute Einnahmequelle für die Gemeinden, die mit diesen „Festlichkeiten“ von Jahr zu Jahr immer mehr Besucher anziehen. Trotz der ständig steigenden Teilnehmerzahlen geschieht in diesen kleinen Gemeinden wenig in Sachen Sicherheit. Ständig mehr Teilnehmer trotz ungenügender Sicherheitsvorkehrungen führten allein in diesem Sommer zu 13 Todesfällen unter den Teilnehmern und Besuchern der Stierläufe.
Oft genug kann man beobachten, wie Personen in Flipflops beim Versuch, ein Selfie zu schießen, vor dem Stier herrennen. Auch der übermäßige Konsum von Alkohol ist häufig im Spiel. Die Kombination von Fiesta, Alkohol und wilden Stieren ist nach Ansicht der Tierschützer und der Sicherheitsbehörden eine „explosive Mischung“.
Oft herrschen prekäre Sicherheitsvorkehrungen in den kleinen Ortschaften, weil diese nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, um komplett ausgestattete Krankenwagen und Notärzte bereitzustellen.
Mit seinen „San Fermines“ ist Pamplona das Mekka der Stierläufe schlechthin. In der Hauptstadt der Autonomen Region Navarra gibt es allerdings seit vielen Jahren eine Gemeindesatzung, welche Sicherheit der Teilnehmer und auch der Zuschauer gewährleisten soll.
Doppelte Umzäunungen, strategisch aufgestellte Krankenwagen und Zusatzpersonal in den Krankenhäusern sind Maßnahmen, die das Risiko verringern sollen. Bevor die Stiere die Straßen in Besitz nehmen, führt die Polizei Kontrollen durch, damit Betrunkene und unangemessen gekleidete Teilnehmer nicht an den Läufen teilnehmen.
In Pamplona nehmen durchschnittlich 17.000 Personen an jedem Stierlauf teil, über die Hälfte davon sind Ausländer.
Trotz dieser bedeutenden Sicherheitsmaßnahmen wurden in Pamplona in diesem Jahr zehn Läufer schwer verletzt, weitere 42 Teilnehmer mussten in den verschiedenen Krankenhäusern versorgt werden. Erstmals wurden neun Personen, die sich nicht an die Vorschriften gehalten hatten, mit Geldstrafen belegt.
Die Problematik hat aber auch noch eine andere Dimension: Nicht nur die Tierschützer, sondern auch verschiedene politische Parteien verlangen schon seit längerer Zeit, dass diese „Festlichkeiten“, die nicht mehr in das Spanien von Heute gehören und dem Ansehen des Landes im Ausland schaden, verboten werden müssen.
In einigen Ortschaften wie beispielsweise in Alzira bei Valencia, wurden die Stierläufe bereits untersagt. Andere Gemeinden werden über Maßnahmen zu diesem Thema ihre Bürger durch eine Umfrage entscheiden lassen.