Das Sozialreferat der Deutschen Botschaft Madrid informiert – Teil 5
Botschaft und Konsulate bemühen sich, für die Deutschen in Spanien da zu sein. Gerade im Sozialbereich gibt es viele Fragen, die Verunsicherung schaffen. In Einzelfällen können wir meist nur auf die zuständigen Stellen verweisen. Es gibt aber auch viele grundsätzliche Fragen, die nach meinen Erfahrungen bei zahlreichen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen an vielen Orten des spanischen Festlandes und auf den Inseln immer wieder auftauchen. Oft kursieren Gerüchte, die nicht richtig sind, aber das Verhalten der Deutschen nachteilig beeinflussen.
Als Sozialreferent der Deutschen Botschaft gebe ich daher in loser Folge Antworten auf typische Fragen aus dem Renten-, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsrecht, die sich stellen, wenn man als Deutscher in Spanien lebt. Dabei muss es zwangsläufig auch um Fragen der ordentlichen Anmeldung bei der Gemeinde und dem Ausländerregister gehen.
Besonders wichtig sind mir die Probleme der Altersresidenten, die rechtzeitig überlegen müssen, was geschehen soll, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr alleine zurechtkommen.
Gesetzliche Pflegeversicherung:
Das neue spanische Recht:
Zum 1. Januar 2007 ist das neue Pflegegesetz in Kraft getreten, das sich in weiten Teilen am deutschen Modell orientiert, aber steuerfinanziert wird. Es soll in Stufen bis 2015, beginnend mit ambulanten Leistungen für schwerst Pflegebedürftige im Jahr 2007 (Teleassistenz, Haushaltsunterstützung, Tageszentren), aufgebaut werden. Daneben sieht das Gesetz Geldleistungen für Betreuung und Heimplätze vor. Zum 1. Januar 2009 wurden auch die schweren Pflegefälle in die Pflegeversicherung eingegliedert. Mittlerweile erhalten 366.000 Pflegebedürftige Hilfen, bis 2015 sollen diese Hilfen auf alle rd. 1,5 Mio. Pflegebedürftigen ausgedehnt werden. Die Geldleistungen bei der schwersten Pflegebedürftigkeit liegen zwischen 390 und 780 Euro. Bisher bekommen allerdings rd. 40 % der etwa 600.000 Berechtigten auf Pflege noch keinerlei Leistung. Geld- und Sachleistungen werden nicht getrennt, sondern einheitlich nach bedarf gewährt. Dabei können die Regionen die finanzielle Lage des Pflegebedürftigen berücksichtigen und Einkommen anrechnen.
Das Gesetz war dringend nötig, um dem dramatischen gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden. Töchter und Schwiegertöchter werden künftig kaum mehr als Pflegepersonen zur Verfügung stehen. Soziale Betreuungsdienste gab es bisher nur für Begüterte oder für die Ärmsten. Die Regierung bezeichnet das Reformvorhaben als das wichtigste Projekt dieser Dekade. Das Gesetz ist ein Rahmengesetz, dessen Inhalte von den autonomen Regionen weitgehend bestimmt und ausgefüllt werden müssen. Die Modalitäten werden in einem besonderen Rat der Zentralregierung mit den autonomen Regionen besprochen. Bei den Geldleistungen kann die Regierung nur Empfehlungen geben. Zur Vorbereitung auf die Umsetzung des Gesetzes haben die Regionen bereits einen großen Teil der von der Regierung zugesagten Hilfen erhalten. Im Haushalt 2009 wurden 1,6 Mrd. Euro eingestellt, seit 2007 wurden 2,83 Mrd. aufgebracht. Insgesamt wird die Regierung rund 13 Mrd. Euro für den Aufbau der Pflegeversicherung bereitstellen; den gleichen Betrag müssen auch die autonomen Regionen aufbringen. Erst bis 2015 ist nach den Planungen der Regierung der volle Ausbau der vorgesehenen Infrastruktur zu erwarten. Die Regierung erwartet rd. 400.000 neue Arbeitsplätze im Pflegebereich. Mit 80.000 neuen Arbeitsplätzen bisher ist dies der einzige Bereich, in dem in der Wirtschaftskrise noch zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.
Bisher wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit überwiegend vom staatlichen Gesundheitsdienst abgedeckt. Soziale Dienste haben keine Tradition in einem Land, in dem die Familie noch einen hohen Stellenwert genießt und Pflege zu den typischen Aufgaben der Familie, insbesondere der Töchter, gehört. Soziale Betreuungsdienste großer gemeinnütziger Verbände, wie wir sie in Deutschland kennen, sind wenig ausgeprägt. Die erforderlichen Strukturen müssen erst noch aufgebaut werden.
Die Umsetzung des Gesetzes gestaltet sich als schwierig. Nicht vorliegende Statistiken der autonomen Regionen verhindern einen globalen Überblick zur Beurteilung der bisher erreichten Situation. Zwar ist die Zahl der bewilligten Anträge (628.614) bekannt, doch vollständige Informationen über Art und Höhe der benötigten Leistungen fehlen. Durch die dezentrale Verwaltung gibt es in den 17 autonomen Regionen erhebliche Unterschiede bei der Umsetzung und bei den erbrachten Leistungen.
Hier die wichtigsten Fragen deutscher Residenten zur Pflegeversicherung:
Frage: Kann ich als Altersresident in Spanien deutsches Pflegegeld erhalten?
Antwort: Ja! Altersrentner haben in der Regel die Wartezeit von 5 Jahren in Deutschland erfüllt und erhalten daher das ungekürzte Pflegegeld der Stufen I (215 Euro), II (420 Euro) und III (675 Euro), wenn sie in Deutschland pflegeversichert sind. Die Pflegebedürftigkeit wird durch den Träger der deutschen Pflegeversicherung festgestellt. Er beauftragt dazu ortsansässige Ärzte mit der Begutachtung oder entsendet eigene Ärzte. Das Pflegegeld wird sowohl bei vorübergehendem, als auch bei dauerhaftem Aufenthalt in Spanien gezahlt. Familienangehörige sind – wie in der Krankenversicherung – mitversichert.
Frage: Erhalte ich auch Sachleistungen und Hilfsmittel aus Deutschland ?
Antwort: Sachleistungen, also etwa Betreuung in Pflegeeinrichtungen, können ihrer Natur nach nicht nach Spanien exportiert werden. Sie sind auf die deutschen Verhältnisse zugeschnitten. Deutsche soziale Dienste können nicht in Spanien Betreuungsaufgaben wahrnehmen. Auch Hilfsmittel, wie zum Beispiel ein Rollstuhl, werden nicht nach Spanien geleistet.
Frage: Erhalte ich auch Leistungen der künftigen spanischen Pflegeversicherung?
Antwort: Die in dem neuen Gesetz, das zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, vorgesehenen Sachleistungen werden die deutschen Altersresidenten ebenso in Anspruch nehmen können wie Spanier. Voraussetzung ist ein gewöhnlicher Aufenthalt in Spanien seit mindestens fünf Jahren. Wenn Sie spanische Sachleistungen in Anspruch nehmen, kann es sein, dass Sie das deutsche Pflegegeld nicht mehr beanspruchen können. Das ist im Einzelfall mit Ihrer Pflegekasse in Deutschland zu klären.
Die spanischen Geldleistungen der Pflegeversicherung werden aber nach den EU-Reglen nicht an die deutschen Altersresidenten gezahlt. Bei den Sachleistungen (Pflegedienste) gibt es enge Einkommensgrenzen. Hier gibt es aber noch viele Unklarheiten.
In aller Regel werden die spanischen Leistungen für deutsche Rentner kaum in Betracht kommen.
Frage: Gibt es in Spanien ambulante Pflegedienste?
Antwort: Pflegedienste werden gegenwärtig in Spanien erst aufgebaut. Überwiegend werden Pflegebedürftige in Spanien noch von der Familie betreut. Einige Gemeinden in Touristenzentren bieten soziale Dienste an. Fragen Sie daher bei Ihrer Gemeinde nach.
Frage: Wo kann ich mich in deutscher Sprache informieren?
Antwort: Zunächst bei Ihrer deutschen Kranken- und Pflegekasse. Diese kann Ihnen sagen, welche deutschen Ansprüche Sie geltend machen können, kennt aber in der Regel nicht die spanischen Leistungen und Angebote.
Deshalb hat die Deutsche Botschaft mit der privaten DKV Seguros Krankenversicherung ein Pilotprojekt gestartet, das ähnliche Aufgaben wie die deutsche Pflegeberatung in deutscher Sprache übernimmt (Näheres im Internet:www.dkvseguros.com/Dkvaccesible/inicio.asp?idioma=AL&enlace=visorPagi na.asp?cod_pag=4688).
Allerdings läuft das Pilotprojekt zur Erprobung erst einmal nur im Raum Denia an der Costa Blanca. Dort werden darüber hinaus auch soziale Dienste und Hilfen vermittelt.
Die kostenpflichtige Sevice-Nummer 807 317 151 ist aber von überall in Spanien schon heute zu erreichen.