Nur noch religiöse Events?

Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Kann man eigentlich Advent und Weihnachten feiern ohne zu glauben? Anscheinend schon! Zumindest wird mir das immer wieder neu bewusst, wenn Menschen, die zwar keine überzeugten Atheisten sind, denen aber Glaube und Kirche doch ziemlich egal sind, wenn sich solche Menschen in diesen Tagen „kommerziell-adventlich“ zeigen und für dieses Fest auf große Einkaufstour gehen.

Advent und Weihnachten, das sind sogenannte „Events“ geworden, die man in aller Öffentlichkeit zelebriert, die vom Staat und somit von der Gesellschaft gewollt sind und die man sogar rechtlich als besondere Feiertage schützt. Was aber jemand letztlich damit verbindet, was jemand dabei glaubt oder auch nicht glaubt, das ist Privatsache – das geht niemanden etwas an. Richtig – sagen die einen; denn so respektiert man in unseren Breitengraden die Freiheit, die Individualität des Einzelnen.

Nur: So sehr man damit den Einzelnen und seine Freiheit respektiert, so sehr wird dieser damit aber auch allein gelassen. Und genau das ist der biblischen Botschaft eigentlich fremd. Dass Glauben oder auch Nicht-Glauben nur eine Angelegenheit des Einzelnen sei, das ist für die Menschen der Bibel so undenkbar, wie wenn die Sonne nicht mehr scheinen würde. Niemals haben sie das Vertrauen zu Gott als eine Privatangelegenheit gesehen oder erfahren. Biblischer Glaube ist immer eine Sache des Volkes und damit grundsätzlich öffentlich. Die Menschen erfahren ja auch aneinander und miteinander, dass keiner von ihnen alleine glauben, hoffen oder lieben kann. Das geht sogar soweit, dass der Glaube in der Bibel geradezu politisch wird.

Genau aus diesem Grund wird von Lukas in seinem Weihnachtsevangelium auch ganz dezidiert erklärt: „Es war im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war… Da erging das Wort Gottes an Johannes in der Wüste.“ Was dort geschieht, so Lukas, das ereignet sich eben nicht in irgendeinem toten Winkel der Weltgeschichte; sondern mitten in die Welt hinein spricht und handelt dieser Gott; wird er öffentlich, sichtbar, greifbar und somit auch angreifbar. Sein Wort ergeht an Johannes, einen Menschen in der Wüste, weil man eben nur abseits von Jubel, Trubel und Heiterkeit – also dort, wo menschlich gesehen nichts, aber auch gar nichts los ist – die Botschaft Gottes leichter vernehmen kann.

Dennoch bleibt da aber für mich ein Widerspruch. Denn so öffentlich Gott auch handelt, so weit weg geschieht das zunächst einmal von den Großen dieser Welt: Nicht in Rom, sondern in der Wüste, an einem kleinen unbedeutenden Ort fängt Gott an, dass alle Menschen von ihm erfahren sollen. Zuerst die Wüste, dann Bethlehem, Jerusalem und Golgotha. Stationen, damit alle Menschen das rettende Tun Gottes erfahren? Und wenn das so ist, kann ich dann das für mich zur Privatsache erklären? Zu etwas, was andere nichts angeht? Mein Glauben, mein Zweifeln – all das ist nur für mich und meine Gedankenwelt bestimmt? Oder können wir gar nicht mehr so richtig glauben, dass alle Menschen das Heil Gottes schauen sollen und schauen können?

Wenn wir uns als Christen mit unserem Glauben immer mehr in die Privatsphäre zurückdrängen lassen oder von uns aus den Glauben zur Privatsache erklären; wenn unser Glaube bei dringenden Fragen unserer Gesellschaft nichts mehr zu sagen hat oder von sich aus schweigt – ja wie soll denn dann diese Verheißung in Erfüllung gehen? „Alle Menschen schauen das Heil Gottes“ – nur noch eine private Vertröstung? Schmükkendes Beiwerk zur monumentalen kommerziellen Weihnachtsparty?

Die Botschaft der Bibel betont: Gott selber tritt in die Öffentlichkeit, wird Mensch in Jesus von Nazarteh. Gottes Heil tritt in die Weltgeschichte ein und bekommt ein ganz konkretes Gesicht. Genau das aber kann man nicht mit einer Allerweltsweihnacht feiern, in der man alles feiert, nur nicht das, wofür dieses Fest einmal ursprünglich stand. 

Die Frage bleibt, was wir als Christen dagegen tun können. Und ich denke, es hängt zum Großteil davon ab, ob Gott durch uns in der Öffentlichkeit ein Gesicht behält. Wenn wir uns mehr und mehr ins Private zurückziehen, uns scheuen, unseren Glauben öffentlich ins Spiel zu bringen oder uns sogar deswegen schämen, dann wird dieses Gesicht mehr und mehr verblassen. Bereiten wir dem Herrn den Weg, in dem wir den Advent so feiern, dass andere unseren Glauben spüren, vielleicht nach ihm fragen oder sich von uns eingeladen fühlen, gemeinsam den Weg auf Weihnachten hin zu gehen – auch und gerade die Menschen, die in der Geburt Jesu bislang nur ein Event sehen.

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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