Nicht so nebenbei

Gedanken für mich – Augenblicke für Gott

Mit weit über 120 Stundenkilometern über die Autobahn „gebrettert“ – und was sehe ich da? Der Fahrer hat seine Hände nicht am Steuer, sondern kramt in aller Seelenruhe in den Seitentaschen seines Rucksacks herum und wirft nebenbei noch einen Blick auf die Teneriffakarte seines Reiseführers.

Mir als Beifahrer würde es da nicht nur den Angstschweiß auf die Stirn treiben, sondern ich würde mich wahrscheinlich massiv zur Wehr setzen und dem Fahrer deutlich machen: „Pass auf! Spinnst Du!! Konzentriere Dich gefälligst auf das Fahren!“ 

Aber so wie dem Fahrer, so ergeht es auch manchen Christen mit ihrem Leben. Sie interessieren sich für alles Mögliche, kramen überall herum, probieren dies und jenes aus – nur das, was wirklich mit dem Glauben zu tun hat, was einen in diesem Glauben weiterbringen oder denselben vertiefen könnte, das kommt unter „ferner liefen“, das geschieht einfach so nebenbei. Nicht, dass sie sich als ungläubig empfinden würden – mitnichten! Nur, wenn es darauf ankommt, dann ist eben der Ausflug mit dem Kegelclub oder dem Stammtisch oder dem Frauenkreis … weitaus wichtiger als der Besuch des Sonntagsgottesdienstes oder einer Gemeindeveranstaltung.

Mit rasanter Geschwindigkeit über die Autobahn, aber die Hände nicht am Steuer – da heißt es doch zu Recht: „Du, pass auf!! Konzentriere Dich gefälligst aufs Fahren!“ Für alles Mögliche Zeit und Interessen haben, nur nicht für das, worauf es wirklich ankommt. Alles Mögliche erleben wollen und vor allem, alles schnell mal nebenbei erledigen – wer so seinen Urlaub hier auf Teneriffa verbringt bzw. wer so sein gesamtes Leben zubringt, zu dem sagt Jesus ganz deutlich: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes“. Wer pflügen will, der muss dies ganz und gar tun, und nicht irgendwann so nebenbei. Er darf sich nicht ablenken lassen. Das Gleiche gilt für’s Autofahren – und es gilt auch für den Glauben.

Es gibt eine Evangelienstelle in der dreimal davon die Rede ist, dass jemand Christus nachfolgen will. Aber dreimal wird auch ganz deutlich gesagt: Nein – nicht so mal nebenbei! Da gibt es eben nur ein „ganz oder gar nicht“. „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst“, sagt der erste Mann – und was bekommt er zur Antwort?: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; aber der Menschensohn hat keinen Ort, wohin er sein Haupt legen kann.“ Christus nachfolgen heißt also: Ja zu sagen zum Willen Gottes, auch wenn ich erfahre, dass dieser Wille Gottes vielleicht gar nicht mit meinen eigenen Wünschen übereinstimmt. Das kann dann sehr schwer werden. Aber Nachfolge im Sinne Jesu hat auch nichts mit einem Sonntagnachmittagsspaziergang zu tun. – Der Zweite, der Jesus nachfolgen möchte, der will vorher noch familiäre Dinge erledigen, nämlich seinen Vater beerdigen. Also ich möchte mal sagen, das ist nun keine Nebensache, sondern vielmehr eine Verpflichtung, der nachzukommen einfach ein Gesetz der Menschlichkeit ist – oder nicht? Nur, was sagt Jesus? „Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!“, lautet seine Antwort. Da muss man erst mal kräftig schlukken, wenn man so etwas zu Hören bekommt – noch dazu aus dem Munde Jesu, der ja sonst sehr viel Wert auf Pietät legt. Aber darum geht es hier gar nicht. Er will nicht menschliche Pietät in Frage stellen, sondern ihm geht es darum deutlich zu machen: An die erste Stelle deines Lebens, da gehört der Glaube und dann erst, wenn das klar ist, kommen all die Dinge des Alltags, mögen sie noch so wichtig sein, wie z.B. die Beerdigung des eigenen Vaters.  

Ist ein klein wenig deutlich geworden, um was es geht? Wenn ich mit hohem Tempo über die Autobahn brause, dann muss ich das Steuer fest in der Hand haben um nicht andere oder mich selbst zu gefährden. Wenn ich Christus nachfolgen will, dann kann ich das auch nicht nur so nebenbei erledigen. Die Frage aus der Botschaft Jesu an Sie und mich lautet: Wie setzt du, der du Jesus nachfolgen willst, deine Prioritäten? Gerade dann, wenn du zwischen mehreren Werten und sinnvollen Dingen zu entscheiden hast? 

Diese Frage aber – und das muss uns bewusst sein – die muss täglich neu beantwortet werden – und zwar (m)ein ganzes Leben lang.

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder www.wochenblatt.es