Gesetzeslücke ermöglicht massenhafte Eintragung von Immobilien und Kulturgütern
Die spanische Katholische Kirche hat, größtenteils seit dem Jahr 2003, 4.500 Immobilien auf ihren Namen eintragen lassen und das ohne öffentliche Ausschreibung und ohne Steuern zu zahlen. Möglich wurde dies für die Kirche, und nur für die Kirche, durch eine Reform des Hypothekengesetzes, die 1998 unter der Regierung Aznar erfolgte.
Madrid – Für die Eintragung ins Grundbuch ist nach diesem Gesetz als einziges Dokument eine Bescheinigung des zuständigen Bischofs erforderlich, eine Veröffentlichung des Vorgangs oder die Entrichtung von Grunderwerbsteuern ist nicht gefordert.
Mit der Liberalisierung des Bodenrechts im Jahr 1998 öffnete die Regierung Aznar der Kirche eine Gesetzeslücke, die ihr erlaubte, sich Gotteshäuser, Kapellen, Pfarrhäuser, Friedhöfe und Grundstücke aller Art einzuverleiben. Einige davon wurden nach der Registrierung verkauft, was der Kirche einen Gewinn in unbekannter Höhe bescherte, denn sie muss diesbezüglich nicht einmal gegenüber der Bischofskonferenz Rechenschaft ablegen.
Normalerweise ist die erstmalige Eintragung eines Besitzes ins Grundbuch ein Prozess, der eines Notars und diverser Bescheinigungen und Zeugen bedarf. Im Fall der Kirchen wird dieser komplexe Vorgang durch eine Bescheinigung eines Bischofs ersetzt. Dies ist möglich, weil im früheren Hypothekengesetz von 1944 der Bischof einem öffentlichen Urkundsbeamten, sprich Notar, gleichgesetzt wurde. Diese Norm, die in der Reform des Gesetzes von 1998 nicht aufgehoben wurde, halten einige Rechtsexperten für verfassungswidrig, sie steht dem Gebot der religiösen Gleichberechtigung, der Neutralität und der Trennung von Staat und Kirche entgegen.
Allein, die Kirchenprivilegien enden hier nicht, denn darüber hinaus ist die Kirche auch davon befreit, den Erwerb durch Aufgebot bekannt zu machen. Dies hat unweigerlich in fast allen Fällen dazu geführt, dass die zweijährige Einspruchsfrist verstrichen ist, ohne dass die Transaktion bekannt wurde und ohne dass also die Chance bestand, Widerspruch einzulegen.
In Navarra hat sich eine Bürgerbewegung für die Verteidigung des navarrischen Volksvermögens gebildet, der sich 117 Gemeinden angeschlossen haben. Diese hat 1.087 Immobilien gezählt, die seit 1998 auf navarrische Diözesen eingetragen worden sind. Die Bewegung berichtet, Anfang 2007 sei zufällig entdeckt worden, dass die Diözesen massenhaft Ersteinschreibungen von religiösen Gebäuden aller Art, Häusern, Ländereien, Forstflächen, Friedhöfen und anderem vorgenommen hat. Sie moniert, dass über tausend Grundbucheinträge für einige Dutzend Euro durchgeführt wurden und der ganze Vorgang absolut verfassungswidrig sei. Die Kirche habe sich zum größten Immobilienmakler Navarras aufgeschwungen. Ohne Vorwarnung sähen sich die Navarrer mit der Tatsache konfrontiert, dass große Teile des öffentlichen Vermögens, welches stets unter großem Aufwand instandgehalten wurde, nun privatisiert sei. Bisher waren von ihnen angestrengte Klagen nicht von Erfolg gekrönt.
Auch die Säkularisierungsorganisation „Europa Laica“ hat erfolglos versucht, die öffentliche Meinung zu mobilisieren. Eine Eingabe im Parlament gegen das neue Hypothekengesetz wurde mit acht Stimmen Mehrheit niedergeschlagen.
Der Coup mit der Moschee – Kathedrale
Die Mezquita ist das Wahrzeichen der Stadt Córdoba in Andalusien. Erbaut wurde sie zur Zeit der arabischen Besetzung ab dem Jahr 786 und war mit ihren 23.000 Quadratmetern Fläche und den 856 Säulen aus Marmor, Onyx, Jaspis und Granit lange Zeit nach Mekka die zweitgrößte Moschee der Welt. Seit der spanischen Rückeroberung 1236 ist sie die Römisch-Katholische Kathedrale der Stadt. Sie besitzt architektonische Weltgeltung und ist ein bedeutendes Kunst- und Kulturerbe aus der maurischen Epoche Spaniens. Ihre Architektur bindet römische, byzantinische, persische und syrische Elemente ein, was die politische, wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Stadt in den zwei Jahrhunderten ihrer Erbauung und Erweiterung widerspiegelt.
Dieses wichtige Kulturerbe Córdobas, Spaniens und der arabischen Welt wurde stets mit öffentlichen Geldern instandgehalten und ist eine vielbesuchte Sehenswürdigkeit und touristischer Anziehungspunkt der Stadt.
Im Jahr 2006 nun ist das Bauwerk in aller Stille für 30 Euro als Eigentum des Bistums eingetragen worden. Die darauf folgenden Aktivitäten der Kirche, die darin bestanden, den Namen in „Santa Iglesia Catedral de Córdoba“ umzubenennen und sie in den Informationsblättern für Touristen als „frühere Mezquita“ zu bezeichnen, ließen einen Bürger der Stadt aufhorchen und im Grundbuch nachforschen. So wurde nur durch Zufall bekannt, dass die Mezquita in das Eigentum der Kirche übergegangen war. Die Institutionen, wie das Kultusministerium und die andalusische Regierung, die Millionen an Steuergeldern in die Restaurierung und Erhaltung dieses Kulturdenkmals investiert haben, zeigten keine Reaktion auf den Vorgang, obwohl verschiedene Organisationen Beschwerde eingereicht haben.
Die Kirche hat sich nicht an den Investitionen in die Mezquita beteiligt, sie kümmert sich jetzt jedoch um die Einnahmen aus Eintrittsgeldern des meistbesichtigten Ortes von Córdoba, die für Touristen 8 Euro betragen. Diese werden mehrwertsteuerfrei und ohne Steuererklärung als „Spenden“ eingestrichen.