Heißer politischer Sommer

Regierung und konservative Opposition auf Konfrontationskurs

In diesen Sommerferien ist auf der politischen Bühne von Urlaubsstimmung und Relax nichts zu spüren. Die Auseinandersetzungen zwischen der stärksten Oppositionspartei Partido Popular und der Regierung von José Luis Zapatero haben sich immer weiter zugespitzt und sozusagen inzwischen den Siedepunkt erreicht.

Madrid – Obwohl Parlamentsferien sind und sich die Spitzenpolitiker im Urlaub oder auf Auslandsreise befinden, gehen sie in den Medien mit Anschuldigungen aufeinander los. Über Sauregurkenzeit müssen sich Presse und Fernsehen in diesem Sommer nicht beklagen.

In den vergangen Monaten sind verschiedene große und kleinere Korruptionsaffären auf nationaler und regionaler Ebene bekannt geworden, in die prominente und auch weniger bekannte Persönlichkeiten der Partido Popular verwickelt sind. Das Wochenblatt berichtete bereits über den so genannten Fall Guertel, wo neben mehreren Regionalpolitikern und Bürgermeistern auch gegen den Schatzmeister der Partei und gegen den Präsidenten von Valencia, Francisco Camps, ebenfalls prominentes Parteimitglied, ermittelt wird.

Die Ermittlungen gegen Camps, der Geschenke in Form von teuren Maßanzügen angenommen haben soll, wurden inzwischen eingestellt. Er konn­­­te zwar nicht nachweisen, dass er, wie er immer behauptete, die Kleidung selbst bezahlt hat, doch vertraten zwei der drei Richter die über die Einstellung das Verfahrens zu entscheiden hatten die Meinung, dass keine Gegenleistungen erfolgten, da Camps im Rahmen seiner Position keine Verträge oder Aufträge vergeben hat. Die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft hat jedoch inzwischen die nächste Instanz angerufen, damit das Verfahren wieder aufgerollt wird. Einer der drei Richter, der für die Einstellung plädiert hat, ist nach eigenen Aussagen ein enger Freund von Camps und leitete früher das Justizressort in der Regionalregierung. Für den zweiten Beschuldigten, den Schatzmeister der Partei und Senator Luis Bárcenas sieht die Situation wesentlich schlechter aus. Nachdem Parteichef Rajoy sich bis zum letzten Moment bedingungslos vor ihn gestellt hatte, legte er schließlich seinen Posten – vorübergehend – nieder, als die Aufhebung seiner Immunität beantragt und das Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde.

Je mehr delikate Details über diese Fälle in den Medien erschienen, umso wütender wurden die Angriffe der PP gegen die Regierung. Man wirft ihr vor, die staatlichen Institutionen wie Polizei oder Justiz im eigenen Interesse zu miss­brauchen um die Opposition zu verfolgen. Von illegaler Telefonabhörung ist die Rede und von der Zuspielung interner Untersuchungsakten an bestimmte Medien durch das Jus­tizministerium.

„Ein undemokratisches System“

Die Generalsekretärin der Partei, Maria Dolores de Cospedal, ging von ihrem Urlaubs­­ort Marbella aus zum Angriff über und beschuldigte die Regierung der illegalen Abhörung der Telefone von Personen ihrer Partei, gegen die nicht ermittelt wird. „Ein undemokratisches System, schlimmer als während der Franco-Ära“, sagte sie. Die Polizei, Richterverbände und die Polizeigewerkschaft verlangten Beweise oder die Rücknahme der Beschuldigungen. Parteichef Rajoy rief seine „rechte Hand“ nicht etwa zur Ordnung sondern legte noch einen Zahn zu: Er werde das Europäische Parlament anrufen und um Hilfe gegen die Verfolgung durch die Regierung ersuchen, kündigte er an. Praktisch jeden Tag tritt ein anderer prominenter Vertreter der Partei auf den Plan und wiederholt diese Verfolgungstheorie. Dabei bedienen sie sich eines besonderen Tricks, sie treten nicht persönlich vor die Medien sondern lassen Videos mit ihren Ausführungen verteilen. Das hat den Vorteil, dass sie sich nicht den möglicherweise unangenehmen Fragen der Medienvertreter stellen müssen.

Die Regierung versucht, sich gegen diese Anschuldigungen mit der Aufforderung zu wehren, Klage einzureichen oder wenigstens Beweise vorzulegen. Doch das ist offenbar bislang nicht erfolgt.

Skandal auf Mallorca

Erst vor wenigen Tagen wur­­de ein neuer Skandal öffentlich, in den erneut PP-Politiker verwickelt sind. Es geht um den Bau einer Radrennhalle auf Mallorca unter der Regierung der PP. Die veranschlagten Baukosten von 43 Mio. Euro haben sich mit 90 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Ein Teil des Geldes soll in den Wahlkampf der Partei geflossen sein. Sieben beteiligte Personen wurden zwischen­zeitlich verhaftet. Auch hier ging wieder ein Aufschrei der Entrüs­tung durch die Partei – wegen der „Filtrierung“ der Polizeiakten an die Medien und der ungebührlichen Behandlung bei der Verhaftung, als die Betroffenen mit Handschellen abgeführt wurden.