Ein Teil der Familie des venezolanischen Parlamentspräsidenten ist vor Jahren auf die Kanaren ausgewandert
Teneriffa – Die turbulenten politischen Ereignisse in Venezuela, einem Land, das wegen der vielen kanarischen Auswanderer des vergangenen Jahrhunderts auch die achte Insel genannt wird, lassen auch Tene- riffa nicht unberührt. Und das nicht nur, weil seit der Regierungsübernahme durch Hugo Chavez vor zwanzig Jahren mehrere Zehntausend Kinder und Enkel der damaligen Auswanderer auf die Inseln zurückgekehrt sind und von hier aus mit den Geschehnissen in ihrem Heimatland mitfiebern, sondern auch, weil der Vater von Juan Guaidó, der zentralen Figur des aktuellen Machtkampfes in Venezuela, seit sechzehn Jahren auf Teneriffa lebt.
Der gelernte Cargo-Pilot Wilmer Guaidó arbeitet als Taxifahrer und wohnt mit seiner zweiten Frau und zwei Töchtern in El Médano. Vor eineinhalb Jahrzehnten schon war er vor den negativen Auswirkungen des Chavismus nach Teneriffa geflüchtet. Seine erwachsenen Söhne blieben zurück, um ihr Studium zu beenden. Nachdem sich Juan Guaidó am 23. Januar 2019 in Caracas vor Tausenden von Demonstranten zum Interimspräsidenten erklärte, freie Wahlen ankündigte und umgehend von den USA anerkannt wurde, richtet sich das öffentliche Interesse in Spanien nun auch auf seinen Vater.
Dieser nimmt an den Demonstrationen seiner venezolanischen Landsleute in Santa Cruz teil. Am Tag der Proklamation seines Sohnes und auch auf der Demonstration vom vergangenen Samstag, dem 2. Februar, sprach er auf der Plaza de España zu über Tausend Unterstützern seines Sohnes, die begeistert waren, ihn in ihrer Mitte zu wissen. Zusammen mit den anderen Teilnehmern forderte er ein „Ende der Diktatur von Nicolás Maduro“.
Gegenüber der Nachrichtenagentur EFE erzählte Wilmer Guaidó, er stehe mit seinem Sohn über Textnachrichten in ständigem Kontakt. Das letzte Telefonat hätten sie am vergangenen Donnerstag (31.01.) geführt, nachdem die Polizei das Haus seines Sohnes aufsuchte und nach der Ehefrau Fabiana Rosales fragte, um sie einem Verhör zu unterziehen, diese jedoch nicht antraf.
„Papa, pack schon mal die Koffer“
Wie Wilmer Guaidó weiter berichtete, habe sein Sohn eingeräumt, dass er besorgt gewesen sei – vor allem darüber, dass seiner kleinen Tochter, die zu diesem Zeitpunkt jedoch ebenfalls nicht im Haus anwesend war, etwas hätte passieren können. Juan Guaidó habe jedoch versichert, dass er weitermachen werde, und man der Bildung einer Übergangsregierung schon ein gutes Stück näher gekommen sei. „Papa, pack schon mal die Koffer, du kommst bald her“, soll er zu seinem Vater gesagt haben, der schon seit vier Jahren nicht mehr in seiner alten Heimat war.
Kanarische Politiker fordern Anerkennung
Verschiedene kanarische Politiker haben sich für die Anerkennung Guaidós als Übergangspräsident von Venezuela ausgesprochen. Regionalpräsident Fernando Clavijo bezeichnete Neuwahlen als den einzigen Ausweg, „damit das Land wiedergeboren werden könne“. Inselpräsident Carlos Alonso und das Cabildo von Teneriffa stützen ebenfalls den Weg, den das venezolanische Parlament eingeschlagen hat. Alonso rief die internationale Gemeinschaft zur Anerkennung der neuen Regierung auf, und das Cabildo beschloss, der Not leidenden Bevölkerung des südamerikanischen Landes humanitäre Hilf zu leisten.
Auf staatlicher Ebene hat der spanische Präsident Pedro Sánchez die EU zur Anerkennung Juan Guaidós aufgefordert, und auch Großbritannien, Österreich, Frankreich, Dänemark, Schweden und Deutschland haben sich hinter den Interimspräsidenten gestellt, nachdem Staatschef Maduro ein Ultimatum mehrerer EU-Staaten zur Ausrufung von Neuwahlen hatte verstreichen lassen.
Demonstrationen in aller Welt
Parallel zu der Kundgebung in Santa Cruz folgten Exil-Venezolaner in 140 Städten weltweit einem internationalen Aufruf und gingen für die Ablösung der Regierung Maduro auf die Straße, u.a. in Brüssel und in Santiago de Chile, wo zahlreiche venezolanische Bürger in den letzten beiden Jahrzehnten Zuflucht gefunden haben.