Fastenzeit ­– in Einklang kommen

Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Damit Veranstaltungen wirklich gelingen können, bedarf es nicht nur vieler mithelfender Hände, sondern auch der Tatsache, dass jede und jeder der Mithelfenden weiß, was er oder sie zu tun hat. Bei Konzerten – großer oder auch kleinerer Art – ist das ähnlich.

Nur – da hängt vieles auch noch davon ab, wie sauber die Musiker vor der Aufführung ihre Instrumente stimmen. Genau von diesem Gedanken aber war der brasilianische Bischof Dom Helder Camara bewegt, den diese Kunst des Instrumentestimmens immer wieder neu fasziniert hat. So schrieb er einmal: „Ich bewundere, ja ich beneide das feine Ohr, das jeden einzelnen Ton heraushört und das in jedem Ton die kleinste Unstimmigkeit, das geringste unrechte Intervall wahrnimmt … Ich bewundere, ja ich beneide das sanfte Geschick, mit dem die verstimmten Töne so verändert werden, bis sie wieder in Einklang miteinander sind…“

Dom Helder Camara selbst, so kann man durchaus sagen, ist bei den Instrumentenstimmern in die Schule gegangen: Er hat gelernt, die Unstimmigkeiten in seinem Leben und in seiner Umgebung wahrzunehmen – die Misstöne und die Ungerechtigkeiten im Zusammenleben der Menschen in seinem Land, die Dissonanzen und die Spannungen zwischen Arm und Reich, die unsauberen und die falschen Töne der Mächtigen und Einflussreichen. Und – er hat ein Geschick darin entwickelt, manches unrechte Intervall, manche Kluft der Benachteiligung, Unterdrückung und Ausbeutung zu beseitigen. Wäre das aber nicht eine Chance der derzeitigen Fastenzeit, dass wir uns ebenso wie Dom Helder Camara ein Beispiel an den Instrumentenstimmern nehmen?

Für mich hieße das dann zum Beispiel, zuerst einmal zu überprüfen, ob ich mit mir selbst in Einklang bin: Phasen, in denen ich mich missgestimmt und unzufrieden, überspannt und gereizt oder kraftlos und abgespannt erlebe, einfach mal genauer unter die sprichwörtliche „Lupe“ zu nehmen und nach dem genaueren Grund zu forschen. Herausfinden, was mich wieder ins Lot und in eine gute Stimmung bringen kann. Daran arbeiten, dass meine Gedanken und meine Worte, meine Worte und meine Taten wieder besser übereinstimmen. Mir von Jesus wieder neu erklären lassen, dass ich vor Gott ein wertvoller Mensch bin und mich deshalb auch selbst akzeptieren und schätzen darf.

Dann eben auch darauf achten, dass ich mit meinen Mitmenschen in Einklang bin: Die Interessen der anderen und meine eigenen immer wieder in eine vernünftige Balance zu bringen. Hellhörig dafür werden, wo ich denn mit meinen Bedürfnissen und Wünschen die leisen Bitten und Anfragen der anderen überhöre oder auch übertöne. Dissonanzen und falsche Untertöne in meinen Gesprächen wahrzunehmen und genau darauf zu reagieren. Verstimmungen und Missverständnisse aufdecken und ausräumen können und mir von Jesus immer wieder sagen zu lassen, dass der Maßstab, an dem unser – an dem mein Leben gemessen wird, eben immer auch unser Verhalten gegenüber dem Nächsten ist.

Und nicht zuletzt darüber nachzudenken, ob ich mit Gott selbst in Einklang bin. Das heißt, ein neues Gespür dafür zu entwickeln, welchen Ton Gott mir zuspielt, was er mir zutraut, was er sich von mir erhofft, welche Lebensaufgabe er gerade mir in dieser Zeit zugedacht hat. Und mich dann eben auf diesen Ton einschwingen, den er durch mich und durch niemand anderen in dieser Welt zum Klingen bringen will. Oder anders gesagt: Das Evangelium als den „Kammerton“ zu entdecken, auf den ich mein Reden und Verhalten abstimmen kann. Mir von Jesus wieder neu zeigen zu lassen, wie intensiv, wie sinnvoll und erfüllt ein Leben sein kann, welches aus dem Vertrauen auf Gott, aus dem Gebet und aus der Besinnung auf die Heilige Schrift heraus gelebt wird.

Das alles wahrzunehmen und zu bewerkstelligen ist sicherlich nicht immer leicht. Es bedarf dazu einer wirklich ehrlichen Bestandsaufnahme bzw. eines neu zu schulenden Gehörs, um all die richtigen Töne wahrzunehmen und sie dann auch selbst zu spielen oder sie in einer wundervollen Melodie mit anderen zusammen, zum Erklingen zu bringen. Aber es gilt eben auch: Ob unser Osterjubel in wenigen Tagen hell und rein klingt, ob die Osterfreude in uns echt und nach außen rein und glaubwürdig klingt, das hängt ganz stark von all diesen Überlegungen und Faktoren ab. Unter anderem – so würde ich mal behaupten – eben auch davon, wie gut wir in den Tagen der Vorbereitung, also in den Tagen der Fastenzeit, das Instrument unseres Lebens gestimmt haben oder noch immer stimmen. 

Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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