Teneriffa – Bei zwei aufeinanderfolgenden Konzerten – im Paraninfo in La Laguna und zur Wiedereröffnung des Teatro Timanfaya in Puerto de la Cruz – hatten die Freunde der klassischen Musik das Glück, den aus Moskau angereisten Pianisten Jacob Katsnelson erneut zu erleben.
Im ersten Werk, der G-Dur Suite des Barockvirtuosen Jean-Philippe Rameau, übertrug er die reich verzierte cembalotypische Musik in die ganz anders geartete Klangwelt eines voluminösen Konzertflügels mit Kontur und Plastizität und „barockisierte“ fein nuanciert die modernen Instrumente.
Man glaubte, den Klang eines ganz anderen Instrumentes wahrzunehmen, als er im Folgenden Beethovens so bekannte c-moll Sonate Nr. 8, die „Pathetique“, darbot, in der er durch seine klare, einfühlsame Phrasierung und Dynamik eine Spannung erzeugte, die die Zuhörer das Werk neu erleben ließ.
Eine besondere Begegnung mit Franz Liszt schuf Jacob Katsnelson in den „Pilgerjahren“, die der Komponist Wilhelm Meisters Lehrjahren von Goethe nachempfunden hat, und in denen er beziehungsreich und in sich gekehrt seine vielschichtige musikalische Gedankenwelt durchmisst – verhalten und sprühend, farbig und abgründig zugleich.
Die großen Pianisten seiner Zeit wie Brahms und Clara Schumann waren sich einig, dass an Lizsts Paraphrasen „niemand vorbeikommt“. Sie galten in der Zeit des Meisters als „unspielbar“. Und auch heute noch setzen sie jeden Zuhörer in Erstaunen und Faszination. In Jacob Katsnelsons Interpretation der Tannhäuser-
Paraphrase ergreift aber viel mehr als diese überwältigende Virtuosität der gewaltige Kontrast der im Bass angelegten breiten, choralartigen Akkorde des mittelalterlichen heiligen Sängerstreites auf der Wartburg, gepaart mit den vielschichtigen Seelenregungen in ihren menschlich-sinnlichen Verstrickungen, die in die höchsten Diskantsphären perlen.
Mit stehenden Ovationen bedankte sich nach beiden Konzerten ein begeistertes Publikum, und die Zugaben, die liebliche Romanze von Mozart und ein feinstrukturierter Rameau, hinterließen den Eindruck eines unvergesslichen musikalischen Ereignisses und den Wunsch, diesen Pianisten nochmals hier auf unserer Insel in größerem Rahmen erleben zu dürfen.
M. Jakob