Die „Töchter der Nächstenliebe“ in Santa Cruz
Durch die Wochenblattaktion „Aus Geben wächst Segen“ kommt die Redaktion immer mehr in Kontakt mit den Menschen, die zwar auf einer Sonneninsel leben, aber dennoch eher auf der Schattenseite des Lebens stehen.
Armut auf Teneriffa? Für die Urlauber in ihren Hotels mag das weit hergeholt erscheinen, aber es gibt auf der Ferieninsel auch Obdachlose oder Familien, die nicht wissen, wie sie trotz Einschränkungen über den Monat kommen sollen. Angesichts der Krise werden es spürbar mehr. Aber es gibt auch Hilfe. Vereinzelt zwar und bei weitem nicht genug, doch es gibt Menschen, die sich freiwillig und ohne Bezahlung der Schwächeren annehmen. Einige davon sollen hier vorgestellt werden: die „Hijas de la Caridad“ (Töchter der Nächstenliebe).
Der Orden „Hijas de la Caridad“ existiert schon seit dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich widmeten sich die Nonnen der Krankenpflege im Hospital von Santa Cruz, in dessen Gebäude heute das „Museum des Menschen und der Natur“ untergebracht ist (wo u.a. die Guanchenmumien ausgestellt sind). Nach der Schließung des Hospitals eröffneten die Nonnen eine Schule und kümmerten sich um die Kinder der Allerärmsten, die damals in den Höhlen des großen Barrancos von Santa Cruz hausten. 1987 musste die Schule geschlossen werden, da sie den Normen des neuen Schulgesetzes nicht mehr entsprach, und so suchten sich die Schwestern eine neue Aufgabe auf dem selbstgewählten Feld der Wohltätigkeit. Das Projekt „Milagrosa“ wurde in dem alten Schulgebäude in der Calle Noria, gleich bei der Kirche „La Concepción“ gegründet. Man sorgt sich nun darum, dass diejenigen, die sich keine tägliche Mahlzeit leisten können, wenigstens ein warmes Mittagessen bekommen. Außerdem gibt es saubere Duschen, die vormittags samt Seife und Schampoo für die Obdachlosen zur Verfügung stehen, sowie eine große Waschmaschine und einen Trockner, um wenigstens menschenwürdig gekleidet zu sein. Auch Kleiderspenden werden vermittelt, und falls mal Kleider übrig bleiben, dann schickt man sie an eine befreundete Mission nach Mauretanien.
Großer Andrang vor dem Speisesaal
Jeden Mittag um Punkt 12 Uhr wartet eine lange Schlange vor dem Eingang des alten Gebäudes. Wenn die Tür geöffnet wird, dürfen zunächst diejenigen eintreten, die eine Bestätigung vom Sozialamt der Gemeinde haben, dass sie bedürftig sind. 80 Personen passen in den ehemaligen Klassensaal, der nun als „Comedor“ dient. Sind noch Plätze frei, darf man auch ohne Papier eintreten. Diejenigen, die keinen Platz bekamen, werden mit einem Essenspaket versorgt, mit dem man wenigstens satt werden kann. Meist sind das 30-40 Portionen, die nach draußen gehen.
Nur noch fünf Schwestern hat der Orden, der von der Oberin Josefina León Cabrera geleitet wird, und sie sind alle nicht mehr die Jüngsten. Doch gibt es zum Glück außerdem noch acht freiwillige Helfer, die sich abwechseln beim Kochen, Spülen, Putzen und Wäschewaschen, so dass von Montag bis Samstag ein reges Treiben die alte Schule belebt. Sonntags ist Ruhetag, wenn auch nicht ganz, denn auch dann werden die Hungrigen draußen wenigstens mit den Essenstüten versorgt, und zwar alle.
Im Speisesaal, in dem wir verständlicherweise keine Fotos machen, geht es ruhig und gesittet zu. Man sieht fast nur Männer, meist ältere. Warum das so ist, fragen wir eine der Schwestern. „Nun, die Frauen finden eher eine Möglichkeit, sich durchzuschlagen, sei es durch Kinderbetreuung, Krankenpflege, Putzen oder Haushaltshilfe“, gibt sie zur Antwort.
Auf Spenden angewiesen
Anders als in Deutschland, wo der Staat für die Kirchen die Steuern einzieht, sind die spanischen Kirchen ohne eine solche Einnahmequelle auf sich selbst gestellt und daher relativ arm. Die Wohltätigkeit der „Töchter der Nächstenliebe“ ist deshalb ausschließlich von Spenden abhängig, die leider nicht so fließen wie sie sollten, weil niemand da ist, der sich darum kümmern kann und Öffentlichkeitsarbeit betreibt. So kommen Geld- und Sachspenden von Menschen aus der Umgebung, Firmen und Institutionen, die die Arbeit des Ordens schon länger begleiten. Lebensmittel, Kleider und Mittel der Körperpflege müssen eingekauft werden, soweit sie nicht direkt gespendet wurden. Auch die Rotarier helfen, wenn mal eine neue Waschmaschine gebraucht wird oder das Lager weitere Regale braucht. Der Präsident der Sektion Puerto de la Cruz, Juan Pedro Jiménez Sanz, der die Aktion „Aus Geben wächst Segen“ unterstützt, schaut selbst gerne nach dem Rechten und wird herzlich begrüßt. Durch ihn hat das Wochenblatt überhaupt von den sympathischen Schwestern und ihrer Tätigkeit erfahren. Auch wenn es viel Arbeit für alle Helfer ist, jeden Tag aufs Neue so viele Gäste zu betreuen, und das seit Jahren, so tun sie es doch gerne und im Bewusstsein, dass sie gebraucht werden. Und sie arbeiten würdevoll und mit Freude, so dass eine gute Atmosphäre herrscht, in der sich die Hungrigen nicht nur „abgespeist“ sondern willkommen und angenommen fühlen. Das ist die eigentliche Bedeutung des Wortes „La Caridad“, das hier wie kaum woanders gelebt wird.
Die Wocheblatt-Aktion „Aus Geben wächst Segen“ lässt, dank unserer großzügigen Spender, den „Hijas de la Caridad“ eine Unterstützung von 2.000 Euro zum Kauf von Lebensmitteln zukommen.