Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Heute möchte ich Ihnen mal von einem ganz speziellen Osterspaziergang erzählen. In der Bibel ist nämlich von zwei Männern die Rede, die von Jerusalem nach Emmaus unterwegs sind. Beiden ist überhaupt nicht nach Ostern zumute – im Gegenteil. Sie sind so was von niedergeschlagen, weil sie miterleben mussten, wie Jesus gekreuzigt worden ist.
Die Enttäuschung ist ihnen ins Gesicht geschrieben; dachten sie doch, dass er der Messias sei, der endlich für Frieden und Gerechtigkeit Sorge tragen würde. Und dann das! Schändlich ans Kreuz gehängt und gestorben. Aus und vorbei! Nein, eine Osterstimmung kann sich bei solchen Gedanken wahrhaftig nicht einstellen.
Vielleicht ist es Ihnen in diesen Tagen um oder nach Ostern ja ähnlich ergangen. Es kam keine Festtagsstimmung auf, weil’s in der Familie nicht so läuft, wie Sie es sich gerade wünschen würden; oder weil der Partner/die Partnerin fehlt; oder weil man selbst im Urlaub den Stress aus dem Beruf nicht ablegen kann, all die Sorgen und Ungewissheiten angesichts der vielen Krisen, die uns derzeit beherrschen. Aber so ist das, was soll man machen? Da kann man nur heimgehen und schauen, dass man irgendwie über die Runden kommt.
So machten es auch die beiden Männer. Sie sind heimgegangen, heim nach Emmaus, heim in ihr Dorf. Diese zwei Stunden unterwegs sind für sie wirklich kein fröhlicher Osterspaziergang. Doch sie sind immerhin schon mal zu zweit. Da kann man wenigstens miteinander reden – und reden tut in solchen Situationen unsagbar gut; das schafft ein wenig Ordnung im Kopf. Und dann bekommen die beiden ja auch noch Gesellschaft. Auf einmal gesellt sich ein dritter Wanderer zu ihnen, fragt, redet, hört zu – so wie es sich halt des öfteren ergibt, wenn man gemeinsam unterwegs ist.
In der Bibel lese ich: „Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie ihn nicht erkannten.“ Das finde ich sehr tröstlich: Jesus ist mit auf dem Weg. Und ich glaube: Er ist auch mit uns auf unserem Weg. Gesellt sich zu uns, hört uns zu, nimmt unsere Zweifel und unsere Fragen ernst, auch wenn wir das oft gar nicht merken, weil wir viel zu sehr mit uns und unseren Problemen beschäftigt sind. Manchmal kann man dann wirklich gar nichts anderes mehr wahrnehmen; selbst an Gott glauben ist in solchen Fällen oft keine Hilfe mehr.
Und dennoch ist Jesus an unserer Seite; quasi inkognito geht er diesen Weg mit. Denn plötzlich gibt es ja solche Erkenntnisse wie: Es geht ja doch weiter. Auf einmal reicht die Kraft ja doch aus. Auf einmal tut sich da eine Tür auf, was man vorher nie für möglich gehalten hätte. Ich bin davon überzeugt: Gott findet auch in den schwierigsten Situationen einen Weg zu uns. Auch durch Krisen und schwierige Lebensabschnitte führt er uns zum Leben. Jesus selbst hat das ja auch erlebt. Gott hat ihn vor dem Leiden nicht verschont und auch nicht vor dem Tod. Aber er hat zu ihm gehalten. Und so hält Gott auch zu uns – ganz egal, was kommt. Das haben die beiden Männer sehr wohl verstanden, als sie da von Jerusalem nach Emmaus gehen. Nur: So richtig kapiert haben sie es eigentlich erst, als es Abend geworden war und sie den mitwandernden Fremden einluden, bei ihnen zu bleiben und mit ihnen zu essen.
Jesus lässt sich tatsächlich einladen. Sie essen und trinken miteinander und erzählen. Ich kann es mir lebhaft vorstellen, wie das wohl gewesen sein muss in diesem gastfreundlichen Haus. Und es ist ein Bild für mich dafür, wie die Osterbotschaft von der Auferstehung uns Menschen wirklich – im wahrsten Sinne des Wortes – etwas zu kauen gibt. Die Botschaft: Jesus ist auferstanden, die muss zuerst mal runter rutschen vom Kopf (vom Verstand) in den Bauch (das Gefühl). Das kann man rein rational nicht verstehen, aber das macht satt und weckt die Lebensgeister in uns. Ja, vielleicht sollten wir viel öfter unsere gemeinsamen Mahlzeiten als einen Ort wahrnehmen, an dem etwas von einer österlichen Freude spürbar wird. Beim Essen und Trinken kommen sich die Menschen doch seit jeher näher. Gerade in einer Zeit, in der wir Gefahr laufen, mehr und mehr allein zu leben und zu vereinsamen; wo vieles schnell-schnell gehen muss und man kaum noch einen Platz im Terminkalender hat. Genau da ist es aber wichtig, solche gemeinsamen Essenszeiten mit anderen zu suchen – das kann die Schulküche sein, die Kantine des Betriebs, der Speisesaal im Seniorenheim – ja selbst die Suppenküche für Menschen in Notlagen.
Denken wir daran: Die beiden Jünger erkannten Jesus erst, als er mit ihnen das Brot brach. Wie wollen wir Ostern wahrnehmen – wie Jesus erkennen, wenn wir nicht mehr gemeinsam Mahl halten, nicht mehr miteinander essen? Im Mahl halten ist ER zugegen – auch heute! Daran glaube ich! Und Sie?
Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
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