Das spanische Wirtschaftswunder

Spaniens wirtschaftliche Entwicklung wird von neuen EU-Mitgliedsstaaten als Vorbild genommen

Spanien hat für die zahlreichen Länder, die sich seit 2004 der Europäischen Union angeschlossen haben, eine Vorbildfunktion gehabt. Was man in Brüssel schon seit langem weiß, wird in Spanien jedoch nur am Rande bemerkt. Dass nämlich die Wirtschaftsentwicklung Spaniens seit seinem Eintritt in die damalige EG durchaus bewundernswert ist und als Vorbild für die neuen EU-Mitgliedsstaaten dienen kann.

Brüssel – Einige wenige Daten verdeutlichen das spanische Wirtschaftswunder besonders gut. 1985, ein  Jahr, bevor Spanien Vollmitglied der EG wurde, betrug das hiesige Pro-Kopf-Einkommen etwa 71% des durchschnittlichen Einkommens des „Europa der 15 Staaten“. 2004 war das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Spanien bereits auf 90% angestiegen. Und nach der jüngsten Erweiterung der EU um weit ärmere Länder dürfte das Pro-Kopf-Einkommen knapp über dem EU-weiten Durchschnittseinkommen liegen.

Seit seinem Beitritt und noch bis 2013 wird Spanien mit 150 Milliarden Euro aus EU-Fonds das größte Empfängerland europäischer Gelder sein. Und das, obwohl Polen in der jetzigen Etappe, die von 2007 bis 2013 reicht mit 67,2 Milliarden Euro aus EU-Kassen doppelt soviel erhält wie Spanien.

Besonders deutlich ist die Modernisierung, die Spanien in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat, an dem Anstieg der Bevölkerungzahl zu erkennen, die seit 1985 um sechs Millionen Menschen gewachsen ist und zwar mit einem parallelen Anstieg der Beschäftigungslage. Millionen von Immigranten haben in den letzten Jahren Spanien als Ausgangspunkt für ein neues Leben gewählt. Im letzten Jahrzehnt war der Wandel besonders Aufsehen erregend. So hatte Spanien 1995 noch die niedrigste Beschäftigungsrate Europas (von hundert Einwohnern zwischen 15 und 64 Jahren arbeiteten nur 47). Zehn Jahre später war die Rate bereits auf 63,3% angestiegen und hatte damit nicht nur das Niveau von so gut wie allen Ländern der Euro-Zone erreicht, sondern übertraf Länder wie Frankreich, Belgien und Italien sogar. Im vergangenen Jahr schuf Spanien 40% der neuen Arbeitsplätze der gesamten Euro-Zone.

Schattenseite des Fortschritts

Doch nicht alles ist positiv zu bewerten. Denn während Spaniens Wirtschaft sich dank des EU-Beitritts mit Riesenschritten entwickelt, ist man in Brüssel äußerst ungehalten über den Umgang und die Umsetzung zahlreicher EU-Maßnahmen. Spanien steht nach jüngstem Stand nämlich EU-weit an zweiter Stelle der Länder mit den meisten Verfahren wegen Verstoßes gegen EU-Normen. Nur Italien steht noch schlechter da. Derzeit laufen gegen Spanien 166 Verfahren. Im Fall Italiens sind es immerhin 248.

Die meisten Verfahren gegen Spanien (30%) stehen dabei im Zusammenhang mit der Umwelt. Was die Reduzierung von CO2-Emissionen betrifft belegt Spanien sogar einen traurigen letzten Platz.