Papst Franziskus schließt die Ära Rouco und ernennt einen „gemäßigten“ Nachfolger
Die Erzdiözese Madrid hat einen neuen „Hirten“. Mit der Ernennung von Carlos Osoro, der bislang Prälat in Valencia war, hat Papst Franziskus das zwanzig Jahre dauernde Mandat des konservativen Antonio María Rouco Varela beendet.
Madrid – Der Vatikan hatte zwei Wochen zuvor das Rücktrittsersuchen des 78-jährigen Kardinals Rouco Varela angenommen, der zwanzig Jahre lang mit strenger Hand die Belange der Diözese Madrid und als Präsident der Bischofskonferenz die Belange der Kirche in Spanien geführt hat. In den letzten Jahren hatte er jedoch Präsenz und Einfluss in der kirchlichen Hierarchie Spaniens verloren. Neuer Erzbischof von Valencia wird Antonio Cañizares, der aus Rom zurückkehrt, wo er Präfekt der Kongregation für den Kult und die Disziplin war.
Bei seinem Abschied vor Tausenden von Gläubigen vor dem Bischofssitz in Valencia erklärte Kardinal Osoro: „Ich werde auf die Straße gehen und mit jedermann reden“.
Per Handy rief er seinen Nachfolger an, mit dem er sich nach seinen eigenen Worten sehr gut versteht. Er wollte sich nicht dazu äußern, ob er die Arbeit seines Vorgängers Rouco Varela fortzusetzen gedenke, die dieser in den vergangenen zwanzig Jahren geleistet hat. „Ich weiß nicht, wie er als Erzbischof gearbeitet hat, genau wie er nicht weiß, was ich getan habe“, erklärte er lakonisch.
„Tausend-Euro-Erzbischof“
Angesichts der hierarchischen Erscheinung Rouco Varelas ist Carlos Osoro sozusagen das Gegenmodell. Gleich, nachdem seine Ernennung bekannt wurde, waren die Beschreibungen seiner Person, die am meisten benutzt wurden, Dialog und Mäßigung. Vielleicht zwei Eigenschaften, welche den Vorgänger wohl am wenigsten auszeichneten. Während der zwölf Jahre, in denen Antonio Rouco Varela an der Spitze der Katholischen Kirche Spaniens stand, hat er zu oft den Glauben mit der Politik vermischt und zwar mit einer großen Dosis von Unnachgiebigkeit. Die Verteidigung der Familien im traditionellen Sinne und die Angriffe gegen Gesetze, welche die Rechte der Frau auf eine Schwangerschaftsunterbrechung anerkannten, waren sozusagen seine Paradepferde. Unvergessen die hunderttausendköpfigen Protestmärsche in Madrid gegen Gesetze wie die Erweiterung der Fristenregelung bei der Schwangerschaftsunterbrechung oder die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern zu denen die Katholische Kirche in Spanien aufgerufen hatte.
Eingeweihte sind der Meinung, dass Papst Franziskus bei der Wahl des Nachfolgers für eine der bedeutendsten Diözesen der Katholischen Kirche sich für Osoro entschieden hat, weil er ein Hirte ist, der „nach seinen Schafen riecht“, wie es der Papst ausgedrückt hatte. Seine überaus große Freundlichkeit und Offenheit, die er unter seinen Gläubigen ausstrahlt, wenn es um weltliche Themen geht. Sie sehen ihn als eine extrovertierte Person, die auf die Menschen zugeht. Schon einen Monat, nachdem er seinerzeit die Erzdiözese Valencia übernommen hatte, hielt er eine Predigt in „Valenciano“, der halboffiziellen Sprache der Region – ein Augenzwinkern an seine „Schäfchen“.
Tatsächlich haben Papst Franziskus und Osoro ein sehr ähnliches Profil. Das bezieht sich nicht nur auf ihr Äußeres. Beide sind sich auch darin einig, welche Rolle die Kirche im 21. Jahrhundert spielt. Der Papst hat Erzbischof Osoro scherzhaft als den „Pilger“ bezeichnet, weil er unentwegt die Kirchengemeinden und Dörfer seiner Diözese besucht hat, von denen er sich mit folgenden Worten verabschiedete: „Ich verlasse Valencia mit den Soutanen, die ich besitze, mit meinen Büchern und mit sehr wenigen Euros auf meinem Konto, auf das mir monatlich meine Bezüge von 1.010 Euro überwiesen werden.“
Tatsache ist allerdings, dass er davon keine Miete bezahlen muss, sondern im bischöflichen Palast wohnt.
Der neue Erzbischof von Madrid hat angekündigt, dass es sein fester Wille sei, auf die Straße zu gehen und mit jedermann zu reden. „Was ich ab jetzt sagen werde, das wird mit der Lupe betrachtet und zwar nicht nur von Rom aus.“ Auch die Politiker werden genau auf seine Worte achten, denn immerhin ist er auch die Nummer zwei der spanischen Bischofskonferenz.