In Santiago de Compostela und Barcelona
Das spanische Königspaar empfing den Papst herzlich und begleitete ihn mit Freude, doch der Kurzbesuch von Benedikt XVI. lockte erheblich weniger Menschen an als erwartet. Weder beim Pilgern in Santiago de Compostela noch bei der Weihung der „Sagrada Familia“ in Barcelona strömten – wie ewartet – Menschenmassen herbei, um das Kirchenoberhaupt hautnah zu erleben.
Santiago de Compostela/Barcelona – Am ersten Novemberwochenende stattete Papst Benedikt Spanien einen zweitägigen Besuch ab, der ihn nach Santiago de Compostela führte, wo er anlässlich des Jakobus-Jahres die Heilige Pforte durchschritt und den Schutzpatron Spaniens, als Pilger bekleidet, besuchte. In Barcelona weihte er einen Tag später die Kirche Sagrada Familia, des genialen Künstlers und Architekten Antonio Gaudí ein, die noch immer nicht vollendet ist und die damit zur Basilika erhoben wurde.
Papst Benedikt kam als Pilger, als Hirte und trotz aller gegenteiligen Versicherungen des Vatikans in den letzten Tagen auch als politischer Führer. Einer Gruppe von Journalisten, die ihn auf seinem Flug von Rom nach Spanien begleitete hatte er erklärt, Spanien benötige eine Reevangelisierung. Er kritisierte, dass ein Laizismus, ein Antiklerikalismus und eine Sekularisation im Land herrschen, stark und aggressiv wie während der Zweiten Republik in den dreißiger Jahren. Glauben und Modernität ständen sich feindlich gegenüber.
Diese Äußerungen haben gleich nach seiner Ankunft Proteste und Ablehnung ausgelöst.
Mit einer Maschine der Alitalia kam der Papst am Samstagvormittag bei dichtem Nebel auf dem Flughafen Lavacolla an. Dort wurde er von Kronprinz Felipe und Prinzessin Letizia, dem Vizepräsidenten Rubalcaba, mehreren Ministern des Kabinetts von Präsident Zapatero sowie dem Präsidenten der Regierung Galiciens empfangen.
Im Papa-Mobil legte er die elf Kilometer lange Strecke zwischen dem Flughafen und der Kathedrale von Santiago de Compostela zurück. Auf diesem Weg wurde er von zahlreichen Schulklassen und viel Publikum begrüßt. Wie es bei den Pilgern üblich ist, betrat er die Kathedrale durch die „Heilige Pforte“, die nur während des Jakobusjahres geöffnet wird, betete am Grab des Heiligen für alle Brüder im Glauben und umarmte das Standbild Santiagos.
Am Nachmittag zelebrierte er einen Gottesdienst auf der Plaza del Obradoiro vor der Kathedrale, zu der sich nach offiziellen Schätzungen achttausend Personen eingefunden hatten. „Europa muss sich Gott öffnen – ohne Furcht mit ihm zusammentreffen“ war einer der Punkte seiner Predigt. Am späten Nachmittag trat er die Reise nach Barcelona an. In einer schwarzen Limosine erreichte er müde und erschöpft, wie aus seiner Umgebung verlautete, den Bischofspalast der Stadt, wo er die Nacht verbrachte.
Hilfe für die „natürliche“ Familie
Überrascht von dem lichtdurchfluteten Gebäude und der Schönheit der Formen und Farben, die Gaudí erdacht hat, segnete Papst Benedikt die Kirche der Heiligen Familie und erhob sie damit zur Basilika .Während eines langen Gottesdienstes welcher der Segnung vorausging verkündete er erneut eine politische Nachricht, indem er den Staat zur Unterstützung der klassischen heterosexualen Familie aufforderte und gegen die Gesetze wetterte, welche das Recht auf Schwangerschaftsabbruch garantieren. Die Frau sollte sich in der Familie und an ihrem Arbeitsplatz realisieren, erklärte er.
Mit Blick auf das herrliche Bauwerk bezeichnet er Gaudí als genialen Architekten und konsequenten Christen, „…dessen Licht des Glaubens bis zu seinem Tode leuchtete…“
Bei dem Festakt in der Kathedrale waren das spanische Königspaar, der Erzbischof von Barcelona, der Präsident der spanischen Bischofskonferenz, zahlreiche Persönlichkeiten der regionalen und nationalen Regierung sowie Regierungschef José Luis Zapatero anwesend.
Vor seiner Abreise traf Papst Benedikt noch zu einem kurzen Gespräch mit dem Regierungschef zusammen. Ein Treffen, was später vom Regierungssprecher als kurz und freundschaftlich bezeichnet wurde. Den Äußerungen vor den Journalisten messe die Regierung keine Bedeutung bei, da sie ja nicht namentlich genannt wurde.
Auf Wiedersehen 2011
König Juan Carlos bedankte sich in Namen des spanischen Volkes für diesen Besuch. „Auf Wiedersehen im nächsten Jahr beim Weltjugendtag in Madrid“ rief er Pabst Benedikt beim Abschied zu.
Erwartungen nicht erfüllt
Wer einen Publikumsansturm in Barcelona erwartet hatte, wie seinerzeit beim Besuch von Papst Johannes Paul II, der von 400.000 Personen begrüßt wurde, sah sich enttäuscht, angefangen vom Amt des Erzbischofs bis hin zu den Geschäftsleuten, alle hatten einen weitaus größeren Ansturm erwartet. Obwohl die Stadt 1,7 Millionen Euro in die Vorbereitungen investiert hatte, erwarteten schätzungsweise 100.000 Personen den Heiligen Vater in der Umgebung der Sagrada Familia. Auch die Hotels und die umliegenden Geschäfte haben nur wenig profitiert. Und die Wohnungsinhaber in der Umgebung, die bei anderen Gelegenheiten ihre Balkons für teures Geld vermieten konnten, warteten vergeblich auf Interessenten.
Nicht anders sah die Situation am Vortag in Santiago de Compostela aus, wo die Stadt drei Millionen Euro in den Papstbesuch investiert hatte.