Wenn aus Opfern Beklagte werden

Ein Autofahrer forderte von den Eltern eines von ihm überfahrenen Jungen Schadenersatz für seinen Wagen

Eine regelrechte Welle der Empörung ging Ende Januar durch Spanien, als bekannt wurde, dass ein Autofahrer, der im August 2004 einen 17-jährigen Radfahrer überfahren hatte, jetzt Schadenersatz von den Eltern des Todesopfers einklagen wollte.

Bilbao – Tomás Delgado Bartolomé, der zum Zeitpunkt des Unfalls nicht nur betrunken war, sondern auch viel zu schnell gefahren sein soll, verlangte von den Eltern 20.000 Euro für die Schäden, die der Zusammenprall mit ihrem Sohn an seinem Audi  A-8 verursacht hatte. Er habe dabei unter anderem 6.000 Euro für einen Ersatzwagen bezahlen müssen, beklagte sich der Unfallfahrer unter anderem in einem Fernsehinterview.

Die Eltern des Todesopfers, des damals 17-jährigen Enaitz Iriondo, gingen in ihrer Verzweiflung an die Öffentlichkeit. Der Zuspruch und die Solidarität, die ihnen von Medien und Bürgern daraufhin zuteil wurden, zeigten sich nicht zuletzt am 30. Januar, als die ers­te Verhandlung in dem skandalösen Fall stattfinden sollte. Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich nicht nur zahlreiche Medienvertreter versammelt, sondern auch Hunderte von Freunden und Bürgern, die den Eltern ihr Mitgefühl und ihre Solidarität aussprechen wollten.

Die Beklagten erwartete jedoch eine Überraschung: Der Kläger, der selbst nicht an der Verhandlung teilnahm, hatte sich nämlich entschlossen, die Klage zurückzuziehen. Er beuge sich damit dem Druck der Öffentlichkeit, nachdem er über Tage einer regelrechten Hexenjagd ausgesetzt gewesen sei, ließ er durch seine Verteidiger mitteilen.

Sie fühlten sich sehr zufrieden über diesen Ausgang, erklärten die Eltern des tödlich Verunglückten später den Medien gegenüber. Der Todesfahrer käme aber nicht um eine Verhandlung herum. Jetzt wird nämlich versucht, den Fall auf strafrechtlichem Weg neu aufzurollen. Die Schuld des Unfallfahrers ist bislang, nicht zuletzt wegen polizeilicher Fehler nicht eindeutig festgestellt worden. Das soll sich jetzt jedoch ändern, kündigte Staatsanwalt Juan Calparsoro an.

Die Prozesskosten in Höhe von ca. 6.000 Euro muss übrigens der Fahrer des Unfallwagens tragen.